Rockaroundtheworld – Ende in Sicht

Einen winzigen Teil der Stadt New York hab› ich aus der Luft gesehen, von der Stadt selbst nichts. Würde ich den Flughafen Liberty Newark als Massstab nehmen, müsste ich sagen: Die USA versifft. Da ich dieses Land ohnehin nicht mag (nicht erst seit Donald), ist es mir grad recht, dass es nach 3 Stunden schon wieder weitergeht.

Eigentlich hätten es nur 50 Minuten sein sollen, die ich in New York verbracht hätte. Aber die Reparatur in Honolulu haben daraus 3 Stunden und 2 Umbuchungen, mit denen ich nicht allzuviel zu tun hatte, es war das Problem der United Airlines, gemacht. Und dann noch das Treibstofffilterproblem an der Embraer, die mich, 50 andere Menschen und eine selbstherrliche Flight Attendant nach Toronto gebacht hat, das hat nochmals eine Stunde, aber keine Umbuchung mehr gekostet. Nun lohnt sich mein ausgetüftelter und allen Unwägbarkeiten gewappneter bzw kompensierender Reiseplan. In Toronto hatte ich 12 Stunden Aufenthalt im Plan eingeplant. Habe dabei noch gewerweisst, ob ich wohl den Flughafen verlassen und gschwind die Stadt angucken soll. Es hat sich mit der Verspätung erledigt. Ausserdem war das Wetter, verhangen, kühl und windig, gefühlte 10 Grad, nicht gerade einladend für einen Stadtbummel. Als Transitpassagier musste ich trotzdem durch die immigration und den Zoll, war somit im Land, musste aber wieder raus, also Passkontrolle und Handgepäckkontrolle, das ganze Glögglispiel. Das braucht ja auch so seine Zeit. zwischendurch Terminalwechsel, mit dem Cable Train von 1 zu 3, dann warten vor dem Check In (weil ich online keine Borkarte runterladen konnte, ein Umstand, der mir schon in Bangkok, Sydney und Honolulu auferlegt wurde, weiss der Kucker warum). Dann warten am Gate C34, dann Gate-Wechsel auf C36 (Otard hätte einen VSOP für lumpige 120 CAD (90 CHF) im Angebot gehabt; leider kein Platz im Handgebäck), dann Boarding, dann kurze Diskussion mit einem Wenigflieger, weil ich mich bitzli vorgedrängt hatte.

Nun also Ponta Delgada. Hauptstadt der Azoren, autonomes Staatsgebiet von Portugal. Back to Europe, man spürts, alles verläuft total unkomliziert. In 10 Minuten bin ich raus aus dem kleinen Inselflughafen (die A330 ist wohl das grösste, was die hier je gesehen haben), in weiteren 10 im Hotelzimmer. Duschen, bloggen, dann schlafen bis Mittag. Das Zimmermädchen klopft, bringt Früchte und Mineralwasser – «A welcome gift!» Poah ey! Da könnten sich die Amis auch noch eine Scheibe abschneiden (und die Schweizer sowiso). Es ist kühl, leicht sonnig, es geht ein frischer Wind, nicht viel los trotz der Tasache, dass dies ein Touristen-Hotspot ist. Es ist Low Season, die Beizen leer, die Strassen auch, man, also ich, habe die volle Aufmerksamkeit sämtlicher Inselgastronomen für mich. Die Leute in der vollen Maschine von Toronto sind alle nach Lissabon weitergeflogen (so geht das wohl jeden Tag, die Azoren sind nur ein 1h-Layover für Heimwehportugiesen aus Kanada). Morgen werde auch ich es so tun. Warum ich es nicht gleich direkt gemacht habe? Weil zwei unabhängig gebuchte Flüge mit der selben Gesellschaft (Air Azores) billiger sind als ein direkter mit Zwischenstopp. Gschpässig gell!

Breanna, die mir das Studio auf AirBnB zur Verfügung gestellt hat (und die ich nie gesehen habe, obwohl sie im Haus wohnte), macht eine Bewertung (bei AirBnB werden auch die Gäste bewertet): “Michael was a great guest – quiet, clean and respectful of the space. We didn’t get to meet him in-person, but he was very friendly and easy to communicate with him via email. Would be happy to host him again, and wishing him well on his travels. ” Was soviel heisst wie dass ich ein überaus toller Gast war und dass sie mich gerne wieder mal haben würde, als Gast tenk, was ich aber nicht als Option sehe. Nicht wegen Breanna unbekannterseits, sondern weil ich ziemlich sicher nie mehr in Hawaii stranden werde.

Nun also Ponta Delgada. Zweitletzte Station auf dem rockaroundtheworld. Im Fernsehen kommt nebst hundert Sendern, bei denen ich kein Wort verstehe, RTL («Alarm für Cobra 11»). Die Preise in der Gastronomie der näheren Umgebung sind südeuropäisch. Ein Bacalhau zu 15€, ein halber Alentejo (37.5ml) zu ebensoviel, eine Schüssel voller Muscheln zu 12€. Ich bin im Fressparadies. Doch mein Verdauungsapparat hat Umstellungsprobleme, ich spüre überhaupt keinen Hunger. Im Gegenteil, es ist mir chrööpelig, mag nur Wasser trinken und hab› nicht mal Lust auf ein Bier (unter normalen Umständen würde mein Hausarzt mir mit ernster Miene anvertrauen, ich sei krank). Liegt vielleicht auch am kühlen Wetter. Also schlafe ich nochmals 3 Stunden und begeb› mich dann in die Stadt. D.h., ich muss mich nicht begeben, bin ja schon mitten drin. Die Stadt, die sich ausmacht, also könnte sie 100’000 Touristen pro Tag vertragen, nur die sind jetzt nicht da, gibt sich trist. An der grosszügigen Riviera, die vom Regionalentwicklungsfonds der EU ERDF bezahlt worden ist, sind die Beizen leer. Ein paar sind eh zu, ein paar kommen für mich nicht in Frage, weil sie laminierte Speisekarten haben (geh nie in ein Restaurant mit laminierten Speisekarten und schon gar nicht in eins, das alle Gerichte auf Fotos vor den Fenstern aufgehängt hat), ganz wenige bleiben übrig, im Grunde genommen nur eine. Das «Restaurante o mariñeiro» (Seemanspinte) widmet sich ganz mir, Kunststück, ist ja sonst niemand da. Es gibt geschmorten bacalhau, Roten aus dem alentejo und einen portugiesischen Cognac, der trotz der Bezeichnungsmissverwendung gar nicht mal so übel ist. Freund Thom erinnert mich facebooktechnisch an die (in der Schweiz) eben in Kraft gesetzte Fastenzeit, und weil ich weiss, dass er es ironisch meint, gebe ich den Depp und tippe zurück: »Kann auch nichts dafür, dass der Kellner mir eine halbe Flasche bringt nachdem ich ihn ‹hastu fasten’» gefragt habe.» Muss wohl an meinen miserablen Portugiesischkenntnissen liegen.

Ein Willkommensgeschenk für seltene Gäste