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Abiy Ahmeds Nobelpreis

Dieses ziemlich schwummrige Foto zeigt die Originalurkunde des Friedensnobelpreis von 2018. Erhalten hat ihn der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali für seine Verdienste beim Friedensabkommen zwischen Äthiopien und Eritrea. Abiy Ahmed regiert in Äthiopien erst seit April 2018, schon drei Monate später schloss er Freiden mit dem Nachbarland. Knapp ein halbes Jahr später erhielt er den Nobelpreis. Noch eine Woche vor dem Friedensschluss entgieng er knapp einem Bombenattentat.

Seine Blitzkarriere hatte sich der heute 44-Jährige wohl nicht so gedacht. Erst seit 2010 betätigt er sich als Politiker (als Abgeordneter im Unterhaus), acht Jahre später konnte er als Parteivorsitzender der OPDO («Demokratischen Organisation des Oromovolkes») nach dem vom Volk erzwungenem Rücktritt des langjährigen Ministerpräsidenten Hailemariam Desalegn dessen Job übernehmen. Der Mann ist gescheit, hat einen «Master of Transformational Leadership» (was immer das ist), einen «Master of Business Administration» und erhielt einen Ph.D (was hierzulande ein Dr. ist) für seine Studie «Social Capital and its Role in Traditional Conflict Resolution in Ethiopia: The Case of Inter-Religious Conflict in Jimma Zone State». Er spricht drei Landessprachen (Oromo, Amhara und Tigryana) sowie Englisch. Und er hat drei Töchter und sieben Halbgeschwister, und ist ausserdem der erste Ministerpräsident aus der Oromo-Etnie. Sein Vorname Abiy leitet sich von «Abiyot» ab, was «Revolution» bedeutet.

Die Nobelpreis-Urkunde hängt im früheren Nationalpalast in einem Vorzimmer des ehemaligen Kaisers Heile Selassie, heute das Etnologische Museum Äthiopiens in Addis Abeba.

ethnological museum of addis abeba

Des Kaisers stilles Örtchen

Dieses wunderschöne himmelblaue Klosett steht im Etnologischen Museum von Addis Abeba. Es steht hier nicht um den Museumsbesuchenden die Fortschritte der Abtrittkultur eines Volkes zu zeigen. Es stand schon da, bevor das Museum zu einem wurde. Auf diesem hochmodernen Abtritt mit Aussicht ins Grüne hat einst ein Kaiser seine Notdurft vollzogen. Das Haus, in dem diese Vorrichtung steht, war der Palast des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie (1892 – 1975). Bis zur Umfunktionierung zum Museum in den Nullerjahren war es der «National Palace». Hier residierte, also wohnte der Kaiser, während er und seine Regierung im «Imperial Palace» unweit davon regierten. Er wurde auch «Jubilee Palace» genannt, weil er zum Jubiläum zu 25 Jahre Regierungszeit des Kaisers errichtet wurde (1955).

Das Gebäude war wahrlich ein Schicksalsort für den so lange so erfolgreich herrschenden Kaiser. Hier wurde seine Majestät 1974 entthront und hier starb er ein Jahr später 83-jährig. Dieses Klosett stammt also aus dem Jahr 1955 und war wohl das modernste WC in ganz Afrika zu dieser Zeit. Ihre Majestät Kaiserin Menen hatte übrigens ihren eigenen Abtritt in etwas einfacherer Bauart(weiss, mit schwarzem Deckel und vorne offener Brille) nur mit Keramikplättli statt Marmor ausgestattet in ihren eigenen Gemächern. Alles im Originalzustand betrachten kann man im Ethnological Museum in Addis Abeba.ethnological museum of addis abeba

merkato

Ketema Market

Jede Stadt hat ihren Markt. Auch Addis Abeba. Der grösste der Stadt ist der arabische Markt im Stadtteil Ketema. Sein Name hat sich gehalten, obwohl hier längst nicht mehr die arabischen Händler ihr Waren anbieten. Gehalten hat sich, vorab bei den ausländischen Reise- und Tourveranstaltern, auch sein zweiter Name «Merkato». Das hat mit den italienischen Besatzern zu tun.

Italien hat es nie fertig gebracht, Äthiopien als Kolonie vollständig zu vereinnahmen. 1936 bis 1941 schafften es die Faschisten unter Mossulini dennoch, Abessinien, welches nur ein Teil Ätiopiens ist, zu besetzen/annektieren und es als «Kolonie» zu deklarieren (zusammen mit ihrer Kolonie Eritrea/Somaliland). Die in dieser Zeit ins Land gekommenen italienischen Händler installierten für ihr Klientel einen neuen Markt, ebendiesen Merkato, im gleichen Quartier. Der arabische Markt wurde zurück-, aber nicht verdrängt.

Heute ist der grösste Markt der Stadt weder ein speziell arabischer noch ein italienischer, sondern ein Markt, wie er in jeder afrikanischen Stadt vorkommt. Manche sagen, es sei der grösste von Afrika, was wohl damit zu tun hat, dass man nicht weiss, wo er anfängt und wo er aufhört. Der arabische Markt Addis Abebas ist im Grunde kein Markt, sondern ein Einkaufsviertel. Er ist auch ein riesiges Brockenhaus, eine Recyclingstation, ein Second-Hand-Center und ein Bau- und/oder Schwarzmarkt.

Man bekommt hier fast alles, wenn man nur lange genug sucht, allerdings gibt es auf die Produkte nicht unbedingt eine Garantie und man sollte auch nicht fragen, woher die Produkte, vor allem die, auf denen bekannte Labels stehen, stammen. Das Angebot auf diesem Markt beweist, dass sich aus allem noch irgendwas rausschlagen lässt, und sei es ein Stück Blech oder ein gebrauchter Kanister. Das Suchen nach einem bestimmten Gegenstand wird einem übrigens dadurch erleichtert, dass die Produkte in «Produktequartieren» angeboten werden.merkato

Wenn man also einen Kanister braucht, fragt man am Eingang nach Kanistern. Irgendwer wird sich finden, der es weiss und einem erklärt: «Du gehst hinunter bis zu den Kabeln, dann rechts bis zum Reis, geradeaus bis zu den Plastikkesseln und gegenüber siehst du dann die Kanister.» Ein schlauer Athiopier aber, und das sind die meisten, wird es Dir nicht erklären, sondern dir sagen: «Das ist sehr schwierig, ich führe dich hin!» Das ist recht bequem, ausserdem erklärt dieser selbsternannte Führer dann so einiges zum Markt, er beschafft dir auch Wasser oder Bier, falls du nach einer halben Stunde schier verdurstet. Am Schluss hält er die Hand hin und sagt seinen Preis. Spätestens jetzt bereust du es, dass du den Preis nicht vorher abgemacht hast. Was dir bleibt, ist das Grinsen des schlauen Äthiopiers und eine eindrucksvolle Erfahrung.

Chinas Himmel in Addis

Ihre Hauptstadt nennen die Hauptstädter nur «Addis». Man muss sich das etwa so vorstellen: Eine Stadt mit rund 3.5 Mio Einwohnenden steht auf dem Säntisgipfel. Addis liegt, oder steht auf 2355 Metern über Meer. In etwa da wo am Säntis die berühme «Stütze 2» steht. Unter den dreieinhalb Millionen Einwohner*innen sind auch ein paar zigtausend Chinesen. Sie bauen Wolkenkratzer wie diesen (siehe Bild) und noch ein paar andere mehr, die Eisenbahn nach Djibouti, die Hoch-Trambahn und noch das eine und andere Projekt mehr.

Chinesen sind auf den Strassen keine zu sehen. Sie arbeiten oder sind zuhause. Zuhause sind sie in Barackenanlagen ohen soziale Kontakte nach aussen. Nicht das sie eingesperrt wären, sie suchen nur einfach den Kontakt zu den Einheimischen nicht. Die chinesischen Bauarbeiter können kein Englisch und Amharisch, die Amts- und meistgesprochene Sprache, erst recht nicht. Die Äthiopier*innen können nicht Chinesisch und Englisch sprechen auch nicht viele.

Äthiopien ist mit bisher 14,3 Mia US$ der zweitgrösste Empfänger chinesischer Kredite in Afrika. Ja die Seidenstrasse, die «Belt-and-Road-Initiative» ist auch in Äthiopien angekommen. China leiht aber nicht nur Geld, sondern baut auch gleich selber (womit es nicht mal Geld, bzw Devisen in die Hände nehmen muss). Bis die Einheimischen die neuen Projekte selber betreiben können, steht China mit Personal zur Seite. Hinter fast jedem Mitarbeitenden der «Ethiopia-Djibouti-Railway» steht ein*e Chines*in. Auch nach 18 Monaten nach der Inbetriebnahme.

Ausserdem kennt China, bzw. die chinesischen Arbeiter*innen, keine hindernden Arbeitsgesetze. Es wird Tag und Nacht geschuftet mit unglaublich viel Personal. Da steht keine*r rum und raucht eine Zigarette. Oder genehmigt sich ein Dosenbier. Nach der Arbeit gibts kein Halligalli in den Bars und Spelunken von Downtown Addis.

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scyscraper addis abeba

Neue Latsch’n, Bart weg

Man muss ja auch mal für sich schauen. Habe mir neue Latschen gekauft und bin sofort ziemlich gockelmässig durch den Markt von Bahir Dar zur Seepromenade runtergelatscht. Da fragte mich ein junger Mann, wie ich zu so kräftigen Waden komme. Er sei Fussballer und trainiere wie ein Verrückter, aber er kriege einfach keine richtig dicken Waden hin. «Are you doing sports, biking or hill climbing?» Der scherzt wohl, dachte ich – ich und Sport? «Thats nature», sage ich, «you have it or you do’nt have it!» «Ok, have a nice day!» sagte er und grinste.

Koa Hiatamadl mog i net
Hot koane dick’n Wadln net
I mog a Madl aus da Stadt
Wos dicke Wadln hat

(Hubert von Goisern)

Schuhe grippedbag

Und dann habe ich mich noch rasieren lassen. Morgen gehts zurück nach Europa, da muss man, also ich, schliesslich gut aussehen!

Am Tanasee

Der Tanasee (amharisch «t’ana häyq») gilt allgemein als Quelle des Blauen Nils. Er liegt im Hochland von Abessinien (Region Amhara) auf 1768 m.ü.M. Damit ist er der höchstgelegene See Afrikas und ausserdem der grösste See Äthiopiens. Seit 2015 ist er das Naturreservat «Lake Tana Biosphere Reserve» und gilt als geschützt.

Das mit dem Nil als Quelle ist nicht ganz richtig. Der längste Zufluss des Lake Tana ist der Gilgel Abay (Kleiner Nil), nun meinen die Einen, der Kleine Nil ist auch der Blaue Nil und somit ist die Quelle des Blauen Nils gleichbedeutend wie die Quelle des Gilgel Abay. Andere beharren darauf, dass der Tanasee die Quelle des Blauen Nil ist und der Kleine Nil nur ein Zufluss unter anderen des Sees.

Der Kleine Nil also fliesst durch den Tanasee und wird zum Blauen Nil, der wiederum fliesst mit einen zünftigen Drall im Gegenuhrzeigersinn um den Berg «Choqa», 4157 Meter hoch, macht eine Drehung um 270 Grad und strebt dann westwärts in Richtung Sudan. Kurz vor der Grenze wird der Blaue Nil seit einem Jahr gestaut. Dort entsteht in einer unbewohnten Bergregion der «Grand-Ethiopian-Renaissance-Dam» («Große Talsperre der äthiopischen Wiedergeburt»). Dieses hydroelektrische Kraftwerk ist, oder wird, das grösste Kraftwerk auf dem afrikanischen Kontinent.

Das Renaissance-Kraftwerk wird im Endausbau (vorgesehene vollständige Inbetriebnahme ist 2022) 6’000 MW elektrische Leistung abgeben können – fünf Mal die Leistung des Kernkraftwerks Leibstadt/CH. Noch ist die Staumauer im Bau. Bereits hat die Füllung des neuen, 74 Mia Qubikmeter grossen Stausees begonnen. Und bereits hat diese Füllung, bzw. die Stauung des Blauen Nils zu scharfen Kontroversen mit dem Sudan und Ägypten geführt. Die beiden Staaten, deren Landwirtschaft und Gesellschaft praktisch nur vom Wasser des Nils lebt, befürchten dir grosse Dürre. Drei Jahre würde die Füllung des neuen Stausees dauern, wenn der Blaue Nil komplett gestaut würde (womit auch kein Strom produziert würde). Nun verhandeln die drei Staaten über die Mindestwassermenge, die Äthiopien während der Füllzeit durchlassen muss.

Tis Issat

Tis Isat (Tissisat)

Vor einer Generation war Tis Isat (auch Tissisat) ein verschlafenes, verlorenes, vergessenes Dorf im Nirgendwo im Norden Äthiopiens. Vor einer Generation gab es noch keinen nennenswerten Tourismus ausserhalb der Hauptstadt und der Hotspots im Nordosten (Vulkane, in die Felsen gehauene Kirchen usw.). Von Interesse war im Norden allenfalls der Lake Tana. Lange galt der Tanasaee als Quelle des Blauen Nils, heute weiss man es besser, der Nil fliesst nur durch den See hindurch. Später wurde man auf die Wasserfälle des Blauen Nils bei Tis Isat aufmerksam. Damit begann das Disaster.

Heute sind der Lake Tana und die Tis-Isat-Fälle ein Abhak-Punkt bei ausländischen Touristen. See und Fälle liegen nahe beieinander und sind mit einem Tagesauflug von der Hauptstadt über den Flughafen von Bahir Dar erreichbar. Tour Operators warten am Flughafen auf die Touristen und fahren sie an die Wasserfälle und zum See. Dann gibts einen Bootsausflug, Zmittag, Coffee Ceremony. Kurzer Augenschein in die Gassen der Stadt, aber nur vom Bus aus, sicher nicht durch die Gassen schlendern – dreckig! Und man könnte ja überfallen werden. Natürlich macht so eine geführte Tour mit zwei Dutzend Deutschen oder Franzosen keinen Spass. Für die Einheimischen schon gar nicht.

Die Strasse von Bahir Dar zu den Wasserfällen ist etwa 30 km lang, voller Schlaglöcher und nicht asphaltiert. Sie führt durch zwei Dörfer und ist eigentlich genau zu diesem Zweck gebaut worden: Um den Menschen in den Dörfern eine gewisse minimale Infrastruktur zu bieten. Auf der Strasse gehen die Kinder zu Schule, die Frauen zu den Märkten, treiben die Bauern ihr Vieh auf die Weiden und zurück, bringen ihr Heu und die Ernten ein. Die Strasse ist auch Dorf-, Spiel- und Marktplatz, motorisierten Verkehr gibt es sozusagen keinen. Tönt nach idyllischem Dorfleben. Ist es aber nicht.

Tis IssatAb 8 Uhr am Morgen geht es los: Busse, kleine, grosse, Geländewagen (auch unser Fahrzeug gehört dazu) zwängen sich durch die Dörfer. Staub wird aufgewirbelt, Kühe werden auseinandergetrieben, Eselkarren müssen ausweichen, Kinder müssen flüchten. Die Strasse ist eine Sackgasse. Was durchfährt, muss auch wieder zurück. Eine andere Möglichkeit für die Touristen, hierher zu kommen, gibt es nicht. Den ganzen Tag geht das so, das ganze Jahr, und – es nimmt zu. Die Nilwasserfälle sind ein Hotspot, werden massiv auch im Ausland promotet, ungeachtet der Bedürfnisse der Menschen, die hier leben und derentwegen man die Strasse gebaut hat.

Am Blauen Nil

Mein Fahrer Balai ist ziemlich schweigsam. Was wohl damit zu tun hat, dass er fast kein Englisch spricht (und ich kein Äthiopisch). Erst bei der Nachrecherche wird mir klar, was dies für eine bedeutsame Brücke ist (siehe Bild unten). Ein wenig aufgeschreckt durch den militärischen Checkpoint vor der Brücke frage ich Balai, was hier los ist. Er deutet auf die andere Seite des Flusses: «This is Amhara country, and this here ist Oromia country.» Hier treffen zwei Regionen aufeinander, zwei Ethnien der vielen in Äthiopien. Und diese beiden, die Amhara und die Oromia, mögen sich nicht besonders. Aus den kurzen Bemerkungen meines Fahrers schliesse ich, dass die Präsenz von Militär und/oder Polizei, etwas mit den Reibereien zwischen diesen beiden Ethnien zu tun hat.

Doch die Präsenz der Uniformierten hat wohl mehr mit der Bedeutung der Brücke zu tun. Die «Hadesi Bridge» führt hier über den Baluen Nil. Sie ist weit und breit, also wirklich sehr weit und breit, der einzige Übergang über die Schluchten des rechten (blauen) Arms des längsten Stroms der Welt. Die Brücke ist auch Teil der «Cape to Cairo Road» (Pan-African Highway), der längsten durchgängig befahrbaren Strasse der Welt (die Panamericana ist nicht durchgängig befahrbar und darum nicht die längste).

Die neue Hadesi-Brücke steht, bzw. hängt, seit 2008. Gleich daneben steht immer noch die von den Italienern gebaute Steinbrücke, die nicht mehr befahren, wohl aber zu Fuss überquert werden kann, was aber niemand tut, weil keine Fussgänger hier vorbeikommen. Die neue Brücke darf von Fussgängern nicht begangen werden – warum auch immer. Man darf auch nicht auf der Brücke kreuzen (mit Fahrzeugen) oder zu zweit hintereinander rüberfahren (fotografieren darf man grad auch nicht). Um die Brücke zu überqueren, fährt man von Hochland bei Gohatsiem von über 2500 Meter über Meer auf etwa 1500 müM runter und dann gleich wieder fast ebensoviel wieder hinauf nach Dejen. Der Blaue Nil unter der Brücke ist hier noch ziemlich jung (und braun), obwohl er schon ein paar hundert Kilometer unterwegs ist. Der Blaue Nil heisst in Äthiopien übrigens nicht Nil, weder weiss noch blau (was er ohnehin nicht ist), sondern «Abay».

Coffee Ceremony

In Äthiopien sagt man, man habe den Kaffee erfunden. Kaffeebohnen wachsen hier wie Unkraut wild und ungehemmt, mitunter auch im eigenen Garten (siehe Stauden im Hintegrund auf dem Bild). Und dann sagen die ÄthiopierInnen, sie hätten den besten Kaffee der Welt. Das kann ich nur bestätigen. Vor allem, wenn man Kaffee so geniessen kann, wie man es hier tut, mit einer regelerechten Zeremonie, der «coffee ceremony». Gelegenheiten, Kaffeezeremonien beizuwohnen, gibt es an jeder Ecke, in jedem Restaurant, Hotel oder auf dem Trottoir.

Zur Kaffeezeremonie gehört zuerst einmal Gras. Das kauft man sich auf dem Markt jeden Morgen frisch. Dann verteilt man das Gras auf dem Boden. Natürlich nicht im Wohnzimmer, sondern draussen. Weil es aber in diesem Land enad nie regnet, spielt sich das Leben ohnehin mehr draussen ab als drinnen. Ersatzweise geht auch ein Grasteppich aus Kunststoff (das Gras ist für Nichtbauern nicht gerade billig). Dann nimmt man eine Handvoll trockener Kaffeebohnen und röstet sie in einer Pfanne über Holzkohle. Dann zündet man etwas Weihrauchharz an und lässt es duften.

Wenn man, bzw. frau (die coffee ceremony zu zelebrieren ist den Frauen vorbehalten) das Gefühl hat, die Bohnen sind jetzt genug geröstet, zerstösst man sie in einem Mörser. Ersatzweise tuts auch eine handische oder elektrische Kaffeemühle. Gleichzeitig setzt man eine Kanne Wasser auf die noch glühende Holzkohle. Wenn das Wasser dampft, leert man das Bohnenpulver in die Kanne, lässt es ein paar Minuten ziehen und giesst den fertigen gebrühten Kaffee ohne den Satz in kleine Tassen. Nun kann man den Kafi geniessen, mit oder ohne Zucker. Wunderbar. Den besten Kaffee den ich je getrunken habe und billig, ca 10 Rp. auf der Strasse. Ganz gratis ist er bei meinen neuen Verwandten Walelign und Amelewerk Kidus.

Ethiopian ToiToi

Wenn man in Äthiopien übers Land fährt im Toyota Land Cruiser (bzw. sich fahren lässt), von der Hauptstadt Addis Abeba an die Quelle des Nils zum Beispiel, was einige Stunden (genau 14) in Anspruch nimmt, muss man ja ab zu zu einen Verköstigungshalt einlegen. Wenn man dabei sehr früh am Morgen losfährt, ist u.U. die eigene Verdauung noch nicht vorbereitet. Was bedeutet, dass man, also ich, unterwegs «mal muss».

In (berechtigter) Erwartung, dass der Gang zur Toilette irgendwo in den Highlands der North Shewa Zone (170 km nordwestlich von Addis) zum prägenden Erlebnis werden könnte, verschiebt man, also ich, diesen bis zum gehtnichtmehranders. Irgendwann geht es dann eben nicht mehr anders und gleichzeitig ist dann, im besten Fall, auch grad Zeit für Lunch. Also sagt man «stop here please!» zum Fahrer und sucht eine Beiz auf, bzw. deren sanitäre Anlagen. Auf dem Bild erkennt man so eine sanitäre Anlage im Hinterhof eines Restaurants an der Hauptstrasse in Tulu Milki auf 2500 m.ü.M.

Natürlich muss man sich den Weg zu diesem ToiToi suchen, denn nichts ist angeschrieben. Die gobal anwendbare Strategie vorne rein – hinten raus ist aber auch hier gültig und vereinfacht die Suche. Gut zu erkennen ist auf dem Bild unten, dass es auch in Äthiopien geschlechtergetrennte Toiletten gibt. Doch auf die Frage, wo Männlein und Weiblein sollten, erhält man keine Antwort. Die zweite Frage, ob es Papier hat, sollte man sich nicht erst nach dem Stuhlgang stellen (es hat übrigens keins). Wasser hat es übrigens auch keins, die dafür bereitgestellten Kanister sind meistens bis immer bereits leer. Am hinterlegten leeren PET-Gebinde (links im Bild) ist zu erkennen, dass man sich das Wasser selber besorgen muss.

Das Wasser ist übrigens nicht zum Spülen da, dieses erledigt sich mehr oder weniger von selbst, da es ein Loch im Boden gibt, was der Einrichtung seinen Namen gab, nämlich «Latrine», sondern um sich den Hintern zu putzen (mit der Linken (siehe auch vorangegangenen Artikel) und barhändig, es sei den man ist vorbereitet und führt einen Waschlappen mit sich). Für gute Lüftung auf solchen Abtritten ist zwar gesorgt, stinken tut es aber dennoch recht übel, was wohl damit zu tun hat, dass die Ausscheidungen nicht etwa durch ein Entwässerungssystem abgeführt werden, sondern im Boden versickern, eventuell, irgendwann mal. Über die optischen Eindrücke (und die Ästhetik) aus dem Innern der Anlage kann ich leider nichts sagen, da ich es vorzog, mein Geschäft (flüssig, das andere musste bis zum Abend warten) vor dem eigentlich dafür vorgesehenen Abtritt zu erledigen. Der üppigen Flora innerhalb der Toilettenanlage hat es sichtlich nicht geschadet (das Bild wurde nach dem Geschäft gemacht).