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Rockaroundtheworld – Blues Point, nix Blues

Sydney North ist der optimalste Standort, wenn man zum ersten Mal in Sydney ist und das ganze mal grob einschätzen will. Die Dimension einer Stadt sieht man ja nicht von innen, man muss von aussen herangehen, oder dann von oben (siehe gestrigen Post aus Bangkok). Per Zufall hats mich nach Sydney North verschlagen, und das war gut so. Auch wenns hier keinen Blues gibt.

Sydney, 23.2., 22h00 (10h00 MEZ). Blue Street, Blues Point Road, Blues Point Hotel (das nicht ganz exakt auf dem Blues Point steht, sondern 300 Meter nördlich), Blues Point Tower (ein hässliches Hochhaus) – alles hat hier mit Blues zu tun und lockt mich alten Bluesfan natürlich grad als Erstes aus dem gerade bezogenen Hotelzimmer. Im Blues Point Hotel gabs kein Zimmer mehr, also habe ich im «North Sydney Harbour View Hotel» eingecheckt. Das hat vier Sterne und in jedem Zimmer ein dazugehörendes Bad, was in diesem verbluesten Hotel nicht der Fall gewesen wäre. Dafür ist hier in diesem teuren (190 Fr. – ein Lastminuteschnäppchen) und oberoptimal über dem Hafen gebauten 200-Zimmer-Kasten das Wifi ein Desaster. Als ob sies selber wüssten, dass sie mit dieser lahmen Ente nicht wirklich begeistern können, hängt unter dem Schreibtisch ein Ethernet-Kabel raus. Passt aber nicht (sophistiziertere Modelle der sophistizierten Marke Apple haben weder Ethernet- noch sonstige überflüssigen Anschlüsse, Festplatten, Laufwerke und solchen Kram), also muss ich schnell rüber ins Elektronikgeschäft, Thunderbolt-Übergang beschaffen (hiess zwar nicht Fust, aber funktionierte trotzdem).

Zurück zum Blues Point. Ich war eben unten, es hat nur eine Beiz und die ist, also war, mir etwas zu weiss gedeckt. Also bin ich die Blues Point Road raufgegangen, und siehe da, in unmittelbarer Nähe des Plues Point Hotel gibts eine ganze Handvoll sympatischer Beizen mit reinlichen Tischen und komfortablen Stühlen auf dem Trottoir. Aus der Bar des Hotels kam Gegröle, das nahm ich mir nach dem Essen vor. Bitzli mitgrölen machts stets Spass – Bierfreunde der Welt vereinigt Euch! Nach Durchsicht einiger Speisekarten bin ich in einer arabisch angehauchten Beiz hängengeblieben (Moorish Blue/maurisch blau o.s.ä). Arabisch in Sydney, ist der Tüpp jetzt völlig durchgeknallt? Ich meine nicht, denn gibt es die tüppisch australische Küche, mal abgesehen von Kanguruhburgern? Eben, also dann eben mal arabisch, ist ja auch schon eine Weile her, und kommt bei mir eh noch vor Pizza. Aber nach Fisch. Nur Fisch musstu suchen hier z’Sydney. Lachs gabs, aber Lachs gibts in der Südsee meiner Meinung nach nicht. Aber Schafe gibts, also gabs in Zimt knusprig gebratene Lammkoteletts an eingelegten Babyfeigen, pürierten Karotten und Mandelschnäfel.

Nun aber zum Blues. Blues habe ich keinen gehört oder gesehen (allerdings ist die Nacht noch jung und es kann noch viel geschehen). Der Name des Quartiers, des Punkts und des Hotels kommt nicht vom Blues, sondern vom allersten Sträfling, der aus England nach Australien deportiert wurde. Der schwarze Mann hies Billy Blue und sass ein, weil er einen Sack Zucker geklaut hatte. Nicht in seiner Heimat, sondern in den USA (die dmals noch nicht so hiess), wo er in der britischen Armee im Unabhängigkeitskrieg mitwirkte. Der Zuckerdieb also kam um die Welt und bis nach Sydney, wo er nach seiner Entlassung 1803 als Hafenarbeiter und Austernhändler sein neues freies Leben begann. Bald kaufte er sich ein Schiff, dann noch eins und bald waren es ein Dutzend, mit denen er einen Fährbetrieb im weitläufigen Hafen von Sydney aufzog.

Billy Blue wurde reich und weil damals Aufbruchstimmung herrschte und der Boden scheinbar niemandem gehörte, schenkte ihm der britische Governor für seine Dienste in der neuen Kolonie statt eines billigen Ordens gut 30 Hektaren Land, worauf sich Billy mit seiner Frau Elizabeth Williams, die ebenfalls eine Sträflingin war, auf seinem nun eigenen Grund und Boden niederliess und 1834 zufrieden verstarb. Zufrieden durften auch seine Erben gewesen sein. Der Blues Point ist heute ein teures Viertel, wo die Gutbetuchtesten ganz zuvorderst am Wasser wohnen – mit grandioser Sicht auf die Hauptstadt, die Hafenbrücke und die Oper. Und natürlich auf das Neujahrsfeuerwerk, das alle Jahre von der Brücke in den Himmel geknallt und in unserem TV jeweils schon am Silvesternachmittag als das erste Feuerwerk des neuen Jahres abgefeiert wird.

Achja, Grölen wollte ich ja noch. Hab› ich voll vergessen.

Und dann fuhr halt grad diese Fähre vor meine Linse 🙁