Der Vesuv bleibt unerreicht

HERCULANO SCAVI. Endlich mal den Vesuv besteigen möchte ich. Drei Mal bin ich jetzt in meinem Leben schon in Neapel gewesen, aber auf den Hausberg dieser Stadt habe ich es noch nie geschafft. Lag wahrscheinlich daran, dass man nicht mit dem Auto hinauffahren kann. Da gehen, v.a. zu Fuss und bei dieser Hitze und erst noch bergauf, nicht meine Stärke ist, habe ich es bisher sein gelassen und mir ersatzweise die Bilder von Dagewesenen angeschaut. Vor ca. 7 Jahren war ich das letzte Mal hier, da hatte ich sogar ein Auto, mit dem ich wenigstens bis zum Touristen-Parkplatz hätte fahren können, aber keine Zeit. Guckstu «Tre Vulcani» (www.grippedbag.ch).

Aber heute sollt’s klappen. Den Vesuv kann man von zwei Seiten angehen: von Ercolano oder von Pompeii. Beides alte Städte, bzw. Stätten, uns allen bekannt wegen ihres Schicksals und dem was noch übriggeblieben ist. Nach Herculanum, bzw. Herculano Scavi fährt ein Vorortszug direkt von Napoli Garibaldi. Das Büro, wo man das Ticket für den Shuttle-Bus kaufen kann, ist gleich beim Bahnhof. Alles sehr gut eingerichtet und eingespielt mit Millionen von Touristen in den letzten Jahren.

Doch heute klappt’s nicht. Ausser mir ist kein einziger Tourist da. Dafür aber sechs leere Kleinbusse und sechs kaffeetrinkende Chauffeure. Der capo des Tourunternehmens sagt mir, dass er fahren lässt, wenn genug Leute da sind, die rauf wollen. Ich solle unterdessen das Ticket lösen – online, nicht am Schalter, Corona! – und warten. Ich warte in der Bar gleich nebenan und löse noch kein Ticket. Ich warte eine Stunde bei 2 Peroni und einer Schale Salzerdnüssli und frage mich, wieviele vom letzten Gast übriggelassene Salzerdnüssli in der Schale sind. Es gibt WiFi und ich informiere mich: Man kann mit dem Shuttle bis 100 Höhenmeter unterhalb des Kraterrands fahren. Dann muss man noch 45 Minuten zu Fuss gehen und oben ist man. Die Wanderung rund um den Krater dauert eine Stunde, so man sich das antun will. Ich würde wollen. Gerne würde ich die Gelegenheit nutzen, man wär› da oben jetzt ziemlich allein, die Ruhe wär› bestimmt eindrücklich. Kein Tourist wär› da, wann hat man denn das schon mal gehabt, da muss erst ein Virus daherkommen.

Der capo meint, er könne mich schon raufbringen, müsste dann aber min. 50€ dafür haben und nochmals 30€, wenn der Fahrer auf dem Parkplatz auf mich warten müsste. Das ist mir dann aber für diese exklusive Erlebnis doch etwas zu teuer. Nach einer Stunde Bier und Salzerdnüssli ziehe ich ab, steige in den Zug, der quer durch Neapel in die campi flegrei fährt. Da die campi flegrei eben ein campo sind, ein Feld, ein weitläufiges Feld, und keine Stadt, bin ich noch weit von den campi fleigrei, die ich erwartet hatte, entfernt, so dass ich mit dem nächsten Zug nach Pozzuoli fahren muss. Dazu muss ich aber erst ein neues Ticket lösen. Doch der Schalter hat zu, es ist Mittagspause, und am Automaten funktioniert das «P» nicht. Ich kann also nicht «Pozzuoli» eingeben. Also fahre ich schwarz. Und eine mascherina habe ich auch nicht dabei. Ganz schön illegal unterwegs, ich, und mit schlechtem Gewissen, imfall.

Zum Bild: Er bleibt für mich ein weiteres Mal unerreicht: Der Vesuv, fotografiert von der Fähre Napoli-Procida im Golf von Neapel.