Bob Marley

«Wir haben heute einen besonderen Gast am Jasstisch», sagte der Kaiser, «Benvenuto Bob Marley!»
Drei rechte Fäuste klopften anerkennend auf den hölzernen Tisch.
«Peace my friends, peace!» sagte Bob Marley. Und: «Letz play my songs, äh, sorry, letz play cards together and make love not together!»

Dann nahm Bob Marley einen tiefen Zug von seinem schon zur Hälfte abgebrannten Joint und blies den vom THC befreiten Rauch aus seiner Lunge diagonal über den Tisch. R. R. Tüchel, den sie alle «das Rinozeross» nannten, nicht wegen der immensen Warze auf seiner Nase, sondern wegen seines zweiten Vornamens Rino. Früher mal, als Tüchel noch anständig war, nannte man ihn «Rolls Royce», was meist ziemlich inopportun war. Doch diese Zeiten waren vorbei, als er sich als Hardcore-Rechter und damit absolut binär geoutet hatte. Seit er in der «International Joint Assembly of Tobacco Association (IJATO)» sass, war es vorbei mit der Sympathie des nichtrauchenden Volkes. Er war es auch, der Bob Marley, «The Kiffer King» aus Jamaica, als Gast zur Jassrunde einlud.

«I never smoke or have smoked marihuana, but I am smoking cigarilli ticinesi!» behauptet Tüchel stets, wo immer er hinkommt, aber er kommt eigentlich nirgendwo hin, vor allem nicht vorwärts.
Man spielte mit französischen Karten, zu Ehren, bzw. aus Rücksicht vor dem Jamaican King of Kiffers, weil dieser als Nachkomme afrikanischer Sklaven die Schweizer Spielkarten nicht kannte.
Das Rinozeross musste ausspielen. Er brachte das Schaufel-Ass, «the Ace of Spade, wenntwaischwanimaine!» Tüchel war Hinterrheintaler und wusste meist selbst nicht, was er meinte.
Gipfel war als Zweiter an der Reihe, er spielte das Schaufel-Sexy, und fragte: «Wer oder was ist enad Trumpf?»
Kaiser Haile Selassie meinte mit italienischem Akzent etwas unsicher: «Penso Pik, äh, Karo, äh, yes Karo, dev‘ essere Karo, ha lo stesso colore della mia Toilettenschüssel!»
Gipfel meinte, bemüht kichernd: «Ich glaube, sie, Exzellenz, haben wohl mit Bob auf der Toilette eine Tüte zu viel geraucht.»
«Fumo solo in bagno, meine Kaiserin sein dagegen, ich kaue Khat», meinte der Kaiser, «Khat muss man kauen like a cow cows grass!»
«The grass is always greener on the other side», sagte Bob.
«Man kann Kühe nicht kauen», meinte Tüchel, der keine Ahnung hatte, von was der Kaiser sprach, «but there is Cows kiffing subventioniertes Gras, wenntwaischwanimaine.»
«Und was kifft ihr so im Bundesparlamentsstübli?» fragte Gipfel den Tüchel.
«Wir rauchen nicht, wir trinken subventionierten Epoisses», so Tüchel, «aber meistens hat es am dritten Tag der Session schon keinen mehr.»
«Oh yeah, lets have a jam session», rief Bob.
«Epoisses ist Käse, du meinst wohl Epesses», meinte Gipfel, «macht aber nichts, ist auch subventioniert.»
«Subventioniert isch geil», meinte das Rinozeross, «weil warum sollte der Bund schlechten Wein subventionieren – wenntwaischwanimaine.»
«Wegen der Weinlobby», meinte Gipfel, «weil was sonst liesse sich aus dem sauren Balgacher Beerenstampf machen.»
«My lobby is in my palace», meinte Selassie, «kiff & khat in the castle‘s toilet!»
«Peace, my friends», meinte Bob, «I mean, shit schärfen raucht das Gehirn, äh sorry, reversed, irreversible!»
«Esattamente», meinte Haile, «rigugegl, rauchen ist gesund und gibt eine geile Dings, äh, un umore fantastico!»
Tüchel das Rino, den Cigarillo in der rechten Mundecke – ein Rechter würde niemals eine Cigarillo in der linken Ecke rauchen – nahm lässig seinen Stich zu sich und schmiss lässig den Schaufel-König in die Tischmitte:
«Sorry Mister Kaiser, there is no Kaiser in the game, just a König, but you are in the game, that‘s ridiculous, sorry, grandios, wenntwaischwanimaine!»
Tüchel war sich schon ziemlich sicher, dass er diese Runde gewinnen wird, und nahm einen tiefen Zug aus seiner Cigarillo, dann aus seinem Bierhumpen:
«Ich bin in der Mehrheit, sorry, ich habe die Mehrheit, also, sorry, nein, ich habe die Mehrheit aller Schaufeln, wenntwaischwanimaine!»
«Ich glaube, du hattest deiner Lebtag nie eine Schaufel in deiner Hand», meinte Gipfel, «und ausserdem hast du grad das Spiel verraten.»
Gipfel schmiss erbost alle seine Karten auf den Tisch, natürlich mit den Rücken nach oben, zur Sicherheit, falls es Diskussionen geben würde. Und es gab Diskussionen.
«Ich kann sagen, was ich will», meinte das Rinozeross, «in diesem Land herrscht Meinungsfreiheit!»
«Von mir aus, aber wir sind jetzt hier nicht im Fernsehen», meinte Gipfel cool, «wir sind am Jassen.»
«Non esiste Meinungsfreiheit nel mio paese!» meinte Kaiser Haile Selassie stolz.
«Wir sind hier in meinem Land, Signore König!» meinte das Rinozeross, «wenntwaischwanimaine!»
«Sono il Kaiser», meinte Selassie darauf, ziemlich erbost, «the fucking chief, capisce?»
«Wenn sie der Chef wären, würden sie Martullolullo heissen», meinte Tüchel, «you dream!»
«Peace, my friends, peace!» meinte Marley und drehte sich einhändig die nächste Tüte.
«I dream vom ewigen Kaiserreich con me stesso come il Hailand!» meinte Selassie.
«Ich würde eigentlich lieber jassen statt kiffen!» meinte Gipfel.
«Thatz not kiffing, thatz the joy of living, my friend!» meinte Bob Marley und nebelte den Tisch ein, so dass keiner mehr sah, wer am Tisch sass.
«Seht ihr, wer kifft, blickt nicht mehr durch, wenntwaischwanimaine!» meinte das Rinozeross energisch.
«Peace, my friends, enjoy the joy!» meinte Marley.
«Ich stelle einen Rückforderungsantrag!» meinte das Rinozeross.
«Non c‘è nulla da pretendere!» meinte der Kaiser.
«I am the great pretender!» meinte Bob.
«Ich will nach Hause!» meinte Gipfel.
«Peace, my friends, peace!» lallte Bob.
«I will shoot the sheriff!» drohte das Rinozeross.
«I am the fucking Kaiser, non il sheriffe!» schrie der Kaiser.
«You are my Hailand, peace on you!» skandierte Bob the Marley.
Jetzt schmiss auch das Rinozeross seine Karten auf den Tisch, und weil er ziemlich verärgert war, achtete er nicht, welche Seite der Karten oben zu liegen kamen.
«Du hast schon wieder Informationen unter der Hand weitergegeben, du Parlamentsrossrino!» schimpfte Gipfel.
«Geht dich doch nichts an, dies ist ein freies Land!» bellte der Angeschimpfte zurück.
«Non cè paese libero, ich bin der Kaiser & der Hailand und erschiesse alle Serifen!»/ brüllte Kaiser Haile Selassie und seine Stimme überschlug sich dabei.
«Peace, my friends», beruhigte Bob Marley, «be a Rastaman & smoke Marihuana!»
«Ich rauche verdammt nochmal, was ich will und jetzt rauche ich Cigarillo di Ticino», sagte das Nashorn, «und zwar mit subventioniertem Tabak, wenntwaischwanimaine!»
«Rauchst oder frisst oder trinkst du auch mal was, was nicht subventioniert ist, Herr Nationalnashorn?» fiel ihm Gipfel ins Wort.
Darauf Tüchel: «Nichts was durchs Maul geht, ist nicht subventioniert. Ausser Marihuana, drum don‘t bogart that joint my friend, reich das Ding rüber zu mir!»
Der Nebel im Raum war inzwischen derart dicht, dass niemand mehr sah, wer sprach und wer was meinte. Bob, Haile und das Rinozeross waren ebenso dicht und suchten ziemlich schwankend, die Arme über den Schultern des Anderen, den Ausgang. Um was es eigentlich ging bei diesem Jam, nämlich ums Jassen, hatten irgendwie alle ausser Gipfel komplett vergessen.
Gipfel selbst wachte auf, als sein Flug ausgerufen wurde.