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Fragen wir den Autor:

Deine Passion ist es, abgesehen von Ihrer journalistischen Tätigkeit für diverse Medien, zu reisen und darüber zu schreiben. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Woher diese beiden Passionen kommen, weiss ich nicht. Meine Familie, Eltern und Geschwister, sind in beiden Disziplinen nie besonders aufgefallen. Meine Mutter ist nach dem Krieg aus Niederösterreich in die Schweiz gekommen und geblieben, das war zeitlebens ihre grösste Reise. Mein Vater war Handelsreisender, sein Tätigkeitsgebiet war die übersichtliche Ostschweiz, er war meines Wissens nie im Ausland. Nun ja, vielleicht bin ich väterlicherseits gentechnisch etwas vorbelastet. Und von der Passion des Schreibens weiss ich sowiso erst seit 16 Jahren.

Aber zumindest muss es ja eine Art von «Fernweh» geben, dass Dich in die Welt hinaus treibt?

Das Fernweh in mir war schon immer da, ich spürte es, wenn ich mit meinem Vater unterwegs war. Ich erinnere mich an die Situationen, wenn er nach Zug fuhr, wo seine Firma war, und in Schindellegi beim Wegweiser ‹Gotthard› immer in die andere Richtung abbog. Das machte meine stillen Hoffnungen stets schlagartig zunichte. Das Fernweh stillte ich dann, als ich mit 14 Jahren ein Töffli kaufte. Damit erkundete ich meine weitere Umgebung. Mit dem Töffli war ich mit 16 zum ersten Mal im Ausland, im Südtirol. Mit 19 fuhr ich mit meinem «Döschwo» nach Holland, sah zum ersten Mal das Meer und mit einem Flugzeug geflogen bin ich dann zum ersten Mal mit 21, nach Brüssel. In der Rekrutenschule habe ich ohne Murren den Vorschlag zum Weitermachen unterschrieben, weil ich mir sicher war, dass ich danach ins Ausland arbeiten gehe. Was ich dann auch tat, die Schweizer Armee hat so leider einen ihrer fähigsten Aspiranten verloren.

Wo hast Du im Ausland gearbeitet?

Ich habe als Elektroniker und Antriebstechniker 20 Jahre lang für Schweizer Firmen im Maschinenbau gearbeitet und dabei Druckmaschinen in Betrieb gesetzt und Pannen behoben. Ich bin über die Jahre mal mehr, mal weniger intensiv auf Achse gewesen. Es hat Zeiten gegeben, da bin ich jeden Montag statt in die Firma mit dem Zug zum Flughafen gefahren.

Wann hast Du Deine Ihre Lust am Schreiben entdeckt?

Als ich auf meinen Arbeitseinsätzen immer wieder das selbe zu sehen bekam. Das Schlüsselerlebnis war 1999 in Moskau. Meine Dolmetscherin fragte mich, wieso ich eine Kamera hätte aber keine Fotos mache. Ich musste mir auf die Lippen beissen um nicht zu sagen: ‹Es interessiert mich halt nicht allzu sehr›. Da spürte ich, dass die Luft draussen war und kündigte den Job. Ich wollte etwas ganz anderes tun und meldete mich auf ein Inserat als Korrespondent der Wilerzeitung. Da begann meine Journalistenlaufbahn, die mich total begeisterte und ausfüllte. Ich setzte sechs Jahre lang keinen Fuss mehr auf einen Flughafen und meine gesammelten Flugmeilen verfielen sang– und klanglos. Es waren über 250’000, das wären damals 25 Freiflüge gewesen.

Die reisefreie Zeit diente also zum Aufbau Deiner zweiten Karriere als Reisejournalist?

Nicht unbedingt, es war nicht so geplant. Meine neue Berufung schlug derart ein, dass das Reisen kein Thema mehr war. Ausserdem hatte ich überhaupt keine Lust mehr, die ganzen Umtriebe beim Reisen auf mich zu nehmen. Ich hatte es gesehen, es tat sich ein neues Kapitel auf.

Und dies mit Erfolg, schliesslich wurdest Du mit dem Ostschweizer Medienpreis ausgezeichnet!

Bezeichnenderweise bekam ich diesen Preis nicht für einen Bericht im Lokalteil, sondern für eine Reportage in Schottland. Nach sechs Jahren begann es mich nämlich wieder ‹abroad› zu ziehen. Ich gründete eine Kultur– und Reisezeitschrift und veröffentlichte da meine Reisereportagen. Und heute bin ich im Stiftungsrat, der die Ostschweizer Medienpreise vergibt.

Aber nun zu Deinen Büchern, Du hast ja soeben Dein drittes herausgegeben. Was findet der Lesende in Deinen Büchern?

Ich reise und schreibe und erzähle danach. Ich bin wahnsinnig neugierig, aber wo andere hingehen, gehe ich nicht mehr hin. Egozentrische Selbsterfahrungstrips à la barfuss durch Patagonien mit nur einem Liter Wasser im Gepäck und Selfie Cam vor meinem Gesicht interessieren mich nicht. Es geht mir nie um Selbstdarstellung, sondern um Erkundung und Mitteilung der Sache. Ich bin Journalist und als solcher an der Wahrheit interessiert. Im Wis­sen, dass die Wahrheit trotzdem nie umfassend erfahren werden kann. Ich schreibe über das, was ich sehe und über versteckte Zusammenhänge. Darin bin ich akribisch und verwende viel Zeit für die Recherche. Dennoch, ich will nicht belehren, missionieren liegt mir nicht. Ich habe eine Meinung und bringe die auch ein. Es gibt dafür den aus den USA kommenden Begriff des «Gonzo Journalismus». Diese Form des Geschichtenerzählens ist sehr subjektiv. Ich möchte trotzdem, dass sich die Lesenden selbst ein Urteil bilden.

Hat sich Dein Reiseverhaliten geändert seit Du schreibend reist?

Ja, in der Tat. Früher reiste ich, weil mich ein unerklärlicher Fern-Drang dazu trieb. Das Ziel war, auf schnellstem Weg dahin zu kommen und an möglichst vielen Orten gewesen zu sein. Es war weniger die Neugier als die Sucht nach dem Weggehen. Meine Arbeit war stets der Reisegrund und lenkte mich davon ab, über die Bedeutung des Reisens für mich persönlich nachzudenken. Als ich für meine Kultur– und Reisezeitschrift wieder zu reisen begann, wusste ich ganz klar, weshalb ich das tue. Ich reise jetzt zu meiner eigenen Freude und überbringe das, was ich dabei sehe und erlebe, an alle, die daran teilnehmen wollen. Der Weg ist das Ziel geworden. Dabei muss es nicht schnell gehen.

Wie reist Du, hast Du Präferenzen?

Ich liebe komfortables Reisen, will in Hotels übernachten, wo die Nasszelle im Zimmer ist und wo es, unbedingt, Wifi gibt. Mein Koffer hat zwei Räder und keine Rückentraggurte. Ich bin kein Backpacker, aber auch kein First-Class-Traveller. Ausserdem esse ich gerne und darauf verzichte ich erst recht auf Reisen nicht. Ich wähle die Ziele, reise individuell und organisiere alles selbst.

Ist Reisen für Dich sinnstiftend?

Einfach so zu reisen, damit wieder eine Destination abgehakt ist, macht für mich keinen Sinn mehr. Zudem würden mich die Eindrücke regelrecht erdrücken und irgendwann würde ich wohl wieder sagen: ‹Es interessiert mich halt nicht mehr›. Wenn ich aber schreibe, ist das wie Entladen einer Fracht, die ich mir im Laufe der Reise aufgeladen habe. Weil’s mich halt immer wieder rauszieht — womit ich nicht sagen will, dass ich nicht gerne zuhause bin, im Gegenteil! — kommt auch viel zusammen, das aufgeschrieben werden muss. Dieses Jahr war ich in Montenegro, Tanger, Ägypten und Sudan – auch davon gibt es wieder viel zu schreiben.

Nach Deinem vierten Buch «Tanganjika» ist also nicht Schluss?

Sicher nicht! Nummer fünf erscheint im kommenden Herbst und Nurmmer sechs wartet im Rohbau auf der Festplatte. Ich habe mich auf zehn Ausgaben ausgerichtet, dann bin ich pensioniert. Und dann sehen wir weiter!