Auf dem hohen Damm 2

Auf dem hohen Damm wartet ein Schiff namens Sinai – Ich lasse mir meine Koffer tragen und zuviel Geld aufschwatzen – Die letzte Schritte in Ägypten sind ein Spiessrutenlaufen

ASSUAN HIGH DAM – Drei Stunden braucht der Zug von Luxor nach Assuan, der südlichsten Stadt von Ägypten. Von der Stadt sehe ich nichts, da ich ziemlich schnell in ein Taxi steige. Die Fahrer sind dermassen aufdringlich, dass sie einen schon fast aus dem Zug herausholen. Schnell muss es gehen, weil das Schiff in den Sudan um 12 Uhr mittags fährt, jedenfalls offiziell, und der Zug, sehr pünktlich übrigens, um 11h15 ankommt. «High Dam, how much?» frage ich den Taxifahrer, der mein Gepäck behende ins Auto packt. «300 Pounds!» meint er, worauf ich meine: «200!», worauf er dann meint: «Ok, 250!» und ich: «Ok, 250!» erwidere. 13 Franken für 17 Kilometer, ich meine, das ist fair.

Der «High Dam» ist der höhere der beiden Nildämme in Assuan. Der niedrigere liegt näher bei Assuan und ist bereits mehr als 100 Jahre alt. Wenn man vom Assuan-Staudamm spricht, meint man den grossen Damm, eben den High Dam. Den, den die Russen gebaut haben, der der 1970 in Betrieb ging. Oben auf dem Damm angekommen (linke Seite), bleibt mir wieder nicht viel Zeit, die Sache zu betrachten. Schon stürmt eine Horde Hilfswilliger auf mich zu, sie reissen mir mein Gepäck aus den Händen, zeigen und fuchteln mit den Händen auf den Ticketschalter. Wie das so ist in Ägypten, muss man in solchen Situationen vieles gleichzeitig tun: Sich seinen Weg durch die Leute bahnen, dabei alle sieben Sachen beieinander behalten, hilfswillige Schlepper und Nepper erst mal abweisen, sein Ziel erkennen und ansteuern und klaren Kopf bewahren. Und möglichst nicht so tun, als hätte man keine Ahnung.

Die Tickets für das Schiff werden in einem Container verkauft. Ich werde hineingebeten, nehme Platz auf einem Stuhl, einer schreibt Daten aus meinem Pass, ein anderer schreibt ein Ticket aus. Gleichzeitig redet ein Geldwechsler, älterer Herr im Kaftan und Turban, auf mich ein, bietet mir US-Dollars an. Ob ich ein Sudan-Visum habe, will der Passkontrolleur wissen, 100 $ reichen bei weitem nicht, meint der Geldhändler, 425 Pfund (ägyptische) kostet das Ticket (erste Klasse), man müsse alle Hotels in Cash bezahlen, meint der Wechsler, ich kaufe 3’800 Pfund (sudanesische) für 200 US$, ich habe nun vier Währungen in meinen Hosentaschen, wobei das Bündel der 50- und 2- Sudan-Pfund-Scheine ziemlich aufträgt in meiner linken Gesässtasche, und drei Währungsumrechnungskurse im Kopf, werde darum beinahe kurzfristig wahnsinnig und muss auch noch den Alten, der meinen Koffer umklammert hält, und den Jungen, der ihn assistiert und unbedingt meine Kameratasche tragen will, im Auge behalten. Ich erhalte meinen Pass zurück und ausserdem ein Ticket sowie einen Kabinenreservationsschein und einen Verpflegungsbon, wobei ich sämtliche Angaben auf ebendiesen nicht lesen kann, da arabisch (es wird mir dann aber später auf dem Schiff von einem liebenswürdigen Herrn, der kein Geld dafür will, erklärt).

So kommt es, dass ich von diesem Hohen Damm auch nichts zu sehen bekomme, ausser der Rampe, die zum Fährhafen hinunter führt. Um auf die Rampe zu kommen, muss ich erst durch das Hafentor, wo einer Pass und Ticket kontrolliert. Gleich dahinter steht noch ein Container, wo man wiederum das Ticket anschaut und ich 50 Pfund (ägyptische) abdrücken muss, weiss der Teufel für was. Dafür erhalte ich einen Stempel auf das Ticket gedrückt, und weiter geht der Spiessrutenlauf zum Schiff. Mein Träger, der meinen Koffer trägt, und mein Schlepper, der offensichtlich total bekifft ist (ob Kat oder Shit ist nicht zu erkennen) und nichts tut ausser dass er auf mich einredet, das Übliche halt, woher, wohin, zum ersten Mal in Ägypten, usw., begleiten mich zum nächsten Gebäude, wo mein Gepäck auseinandergenommen wird und ich auf wasweissich untersucht und gescannt werde. Gleich danach verkaufen zwei Knaben Ausreisekarten für 1 Pfund (immer noch ägyptische), was eigentlich absurd ist, denn solche Karten kosten kosten üblicherweise nichts, aber ich sehe grad keine Möglichkeit, anders an die Karte heranzukommen. Also, schnappt euch das Pfund und habt Gefallen daran.

Sofort fülle ich die Karte aus denn es folgt die Passkontrolle. Wenn ich nun denke, dass meine beiden Sekundanten hier nicht weiter dürfen, irre ich mich. Die Beiden schleppen mich weiter zur Gangway, wo wiederum Pass und Ticket kontrolliert werden. Ich bin nun also auf dem Schiff. «Sinai» heisst es. 12h30, von mir aus könnte es nun ablegen (es tut es rund 2 1/2 Stunden später). Meine Schlepper wissen genau wo meine Kabine ist, eine Zweierkabine, ein Rattenloch, hoffentlich kommt keine Zweiter, gleich am Anfang des Korridors, wird wohl eine unruhige Nacht. Plätzlich stehe ich mit diesem beiden Herren, dem Alten, eher sprachlosen (weil des Englischen nicht mächtig), und dem Jungen, dem bekifften, der eher zuviel spricht, und die Türe ist zu. Hohle Hände vor mir. Ich gebe alle meine kleinen Pfundscheine her (18 Pfund/1 Fr.) und meine, das reicht. Zuwenig, sagt der plötzlich sehr eifrige Bekiffte, ich lege noch eine 1$-Note dazu und meine: «That must be enough, this is two Dollars, one for each, share it and now go!» Natürlich will der Junge noch nicht gehen, dabei ist er der, der fast gar nicht beigtragen zu diesem Check-In-Vorgang ausser viel Gelaber, und der Alte sagt immer noch nichts. Ich schmeisse beide aus meiner Kabine.

Bündelweise Geld – drei Währungen im Hosensack

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