abgangsverspätung #11

Posted by michl on 15/12/2013 in träwel |

nur ein zaun trennt mich noch von der liemba. sie liegt da, wartend, auf mich und auf ein paar hundert, die dringender auf dieses einzige verkehrsmittel auf dem lake tanganjika angewiesen sind. dann aber wartet auch noch kisten-, sack- und körbeweise fracht auf die verladung. hier in der abfertigungshalle im hafen von kigoma wird zusammengestellt und zusammengebunden, wird alles erst mal auf eine waage gestellt, wird verhandelt, werden lieferscheine ausgestellt, wird bezahlt. vor dem häuschen wo die ticket’s zu haben sind, warte ich etwa eine stunde. das ist gar nichts im vergleich mit dem, was an warterei noch auf mich zukommt. doch dann, endlich angekommen beim kassenhäuschenfenstergitter, geht es schnell. ich erwähne meine reservierung, die dame checkt eine liste, stellt das billet aus und nimmt meine 100$ für die drei tage in einer 1st class kabine entgegen.

wegen der sehr frühen ankunft hier in kigoma (und noch viel früherem abflug in dar, um 06h30 nämlich) heisst es jetzt erst mal warten. weil aber die liemba schon dasteht und dutzende von trägern ameisengleich ständig waren auf das schiff bringen, meine ich, beim gate vorsprechen zu können zwecks einlass. doch nix da, der junge uniformierte sagt: 16h00! nun denn, ich warte. es treffen immer mehr passagiere ein, frauen, kinder, kleinkinder, männer und hühner. und immer mehr material macht sich breit vor der halle. das wird ein sturmlauf auf die liemba.

Wie vor 100 Jahren: Träger buckeln Ladung auf die Liemba

irgendwann nach 16h00 – ich stehe nun schon eine stunde vor dem offenen tor – werde ich eingelassen. nur ich. es ist eines der wenigen privilegien die man als 1st class passenger hat auf der liemba. das erste, was der 2nd officier dann sagt bei der begrüssung, ist die tatsache, dass man um 18h00 ablegt, weil nämlich der generator eine panne hat. um 19h00, zirka, erfahren wir – mittlerweile sind noch drei weitere erstklässler angekommen, eine junge amerikanerin, ein junger israeli, ein alter schweizer – dass die abfahrt um 24h00 ist. eigentlich kann mir das egal sein, denn ich habe mein kabinchen (das ich mit dem israeli teilen muss), wo ich mich zurückziehen kann und es gibt genug bier. ausserdem gibt es bald dinner, die köche sind bereits am werkeln. doch beim näheren hinsehen sehe ich, dass der herd nicht wirklich heiss ist. «the generator», sagen die köche. wenn kein generator läuft gibt es auch keinen strom, logisch. doch warum läuft der fernseher, brennt überall licht, ist das bier kalt? diese frage können die köche nicht beantworten, yussuf, der zweite offizier aber schon: «wir haben den strom aus dem hafen, aber der reicht nicht. darum ist der herd ohne strom!» natoll, herd ohne strom heisst vorläufig kein dinner.

gegen halb eins gibt es dann doch noch etwas zum znacht (hähnchen mit reis), aber wir liegen immer noch im hafen. auch am nächsten morgen werden wir vertröstet mit immer neuen startangaben. derweil sitzen, stehen und liegen mehrere hundert passagiere im, auf und um das schiff, natürlich geht jetzt niemand mehr aus dem hafengelände raus. wir vier weisse wagen es trotzdem, teilen dies dem 2nd officier mit und gehen zu füss ins stadtchen kigoma zwecks lunch. nach neun uhr abends legt die liemba dann endlich ab, mit einer abgangsverspätung (SBB-slang!) von 25 stunden.

 

 

 

 

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