der längstetiefstezweitgrösste #16

Posted by michl on 21/12/2013 in träwel |

nun zu dem gewässer, auf dessen buckel wir die ganze zeit herumtuckern. ohne den es die liemba und diese reise und überhaupt – gar nicht gäbe. 

der lake tanganjika heisst eigentlich «liemba». doch um die namensgebung der einheimischen kümmerten sich die beiden entdecker richard francis burton und john hanning im jahr 1858 wenig. die beiden engländer hielten den see für die quelle des nil’s, was aber später widerlegt wurde. auch der viel bekanntere missionar david livingstone sah 1867 den see und wurde sogleich krank, worauf er eine ganze weile in ujuji (bei kigoma) verbrachte bis er 1873 verstarb.

der tanganjikasee ist teil des ostafrikanischen graben’s, welcher wiederum teil des rund 6’000 km langen grossen ostafrikanischen grabenbruch’s ist, der vor rund 20 mio jahren die höchsten berge und tiefsten seen afrika’s entstehen liess. dieses grabensystem bidet ein Y (siehe satellitenbild), an dessen linkem ausleger befindet sich der tanganjikasee. er ist der tiefste see afrika’s (1’470m) und der zweittiefste der erde nach dem baikalsee. er ist auch der längste (673km) see des kontinent’s – aber nicht der grösste. sein abfluss ukuga fliesst in das weitreichende flusssystem des congo river. an seine ufer reihen sich die staaten tansania, sambia, burundi und die demokratische republik kongo.

Blick nach Westen: Die Shoreline der Demokratischen Republik Kongo

die weltnaturschutzorganisation IUCN hält den lake tanganjika für den artenreichsten see der welt. in ihm leben min. 300 fischarten, 95% endemisch (das heisst es gibt sie nur hier). beliebt ist dabei nicht nur der kapenta, die tanganjikaseesardine, sondern auch eine ganze anzahl von zierfischen (ornamental fishes). die einheimischen können mit den aquariumsfischen nicht viel anfangen, wahrscheinlich weil sie aus der pfanne nicht schmecken. im ausland (europa und usa) sind sie aber sehr beliebt, weshalb in den letzten jahrzehnten eine zierfische-exportindustrie entstanden ist. in der zoohandlung rüegg in dietfurt zum beispiel gibt es eine ganze abteilung mit zierfischen aus dem tanganjikasee. fang und export (und noch vielmehr der import) sind aber streng geregelt, so dass der artenreichtum nicht gefährdet ist. infolge der reichen, bunten unterwasserwelt ist der tanganjikasse auch bei tauchern beliebt. allerdings gestaltet sich die an- und wegreise zum und vom see nicht wirklich unbeschwerlich, was eigentlich ganz gut ist. unter 200 m gibt es infolge zu geringer wasserumwälzung fast keinen sauerstoff mehr weshalb hier kein höheres leben mehr existiert.

Das Fischerdorf Muzi im Süden des See’s nahe der sambischen Grenze

geschätzte 50’000 menschen leben am und vom tanganjikasee. ugali (polenta aus weissem mais) und tanganjikaseesardinen sind ihre nahrungsgrundlage. die nur fingerlange sardine wird mit feinen netzen (oft auch nachts mit taschenlampe oder scheinwerfer) gefangen und an der sonne getrocknet. zur zubereitung schmeisst man eine handvoll ins heisse öl und isst sie dann mit kopf und allem drum und dran. der eigengeschmack ist so intensiv (und gut!), dass es keine weiteren gewürze braucht ausser vielleicht etwas salz (der tanganjikasee ist ein süsswassersee). auch ugali gibt es nicht nur am tanganjikasee, sondern in halb afrika, an jeder ecke. die ugali-polenta ist schneeweiss, gelber (süss-)mais ist in afrika nicht beliebt, obwohl er einiges mehr an inhaltsstoffen hätte.

Taxiboot des Mahele Mountain National Park

etwa in der mitte des tansanischen ufer’s befindet sich der mahele mountain national park. seine fläche beträgt 1’577 km2 und seine hügel reichen bis auf 1’800 m höhe. er ist eines von zwei geschützten reservaten für schimpansen in tansania. ausserdem ist er vollkommen autofrei und kann nur über den see erreicht werden. martin, der zürcher chemiker und waldspezialist, leitet hier seit 18 jahren ein programm gegen neophyten. was bei uns das drüsige springkraut oder der japanische knöterich, ist in weiten teilen des afrikanischen urwald’s ein baum (dessen namen ich leider vergessen habe), der, so martin: «hier nicht hingehört.» nach 15 jahren experimentiererei mit verschieden sanften methoden ist er jetzt dazu übergegangen, den baum von der wurzel her zu vergiften. würde man ihn einfach nur fällen, würde er nachwachsen.

Die Bucht von Kipili, rechts das «Lupita Island Resort & Spa» für Superreiche

der tourismus am lake tanganjika läuft auf schmalem gleis. es gibt ganz wenige lodges am 600 km langen tansanischen ufer und ein hotel in kigoma. ob das gut oder schlecht ist für den see und seine anwohner möchte ich nicht beurteilen. der tanganjikasee ist ein naturwunder, ein bijou, ein ort zum entspannen, runterfahren und verzichten. «entschleunigen» hiesse sowas im slang der hippen manager der ersten welt. nur, würden diese hippen und gestressten wirklich eine weile lang auf strom, internet und drinks verzichten wollen? die miserablen oder gar nicht vorhandenen strassenverhältnisse sind eine natürliche barriere ebenso wie der nicht vorhandene arzt oder die unterirdischen hygieneverhältnisse. wer’s bis hierher schafft und eine robuste konstitution hat, wird reich belohnt. wem’s zu beschwerlich ist oder wer sich für einen haufen geld einfliegen lässt und dann enttäuscht ist, weil er seinen status nicht twittern kann – auf diese touristen kann der tanganjikasee verzichten. dennoch gibt es leute, die gerade das suchen, ohne auf gewissen komfort verzichten zu wollen. supersuperreiche scheinen auf lupita island bei kipili ganz gut zurechtzukommen. «kein strom, kein internet, kochen auf offenem feuer wie die einheimischen», sagt yussuf, 2nd officier, «aber die übernachtung kostet dort 1’000 dollar!» damit die, für die derartige spesen kein problem sind, auch möglichst speditiv dahinkommen, hat lupita island eine private flugzeugpiste. man kann sich aber auch vom betriebseigenen schnellboot in kigoma oder im mahele park abholen lassen. das «lupita island resort & spa» meidet die öffentlichkeit: auf maps.google.com ist der ort jedenfalls nicht näher bezeichnet. das heisst, bei der buchung des angebot’s weiss der kunde nicht, wo er seine «massages, steam treatments, cleansing facials and herbal body wraps» erhält. was ihm wahrscheinlich auch wurscht ist. ebenso egal ist solchen leuten auch der umstand, dass sie für eine nacht in etwa das 250-fache dessen ausgeben, was ihre gesichtspflegerin im monat verdient.

Baden für Backpacker im vielleicht letzten sauberen Süsswassersee der Erde

der zivilisationsfortschritt hat auch vor dem tanganjikasee nicht halt gemacht und die spuren sind nicht zu übersehen. dörfer werden von mobilnetzantennen überragt. motorboote (es sind zum glück nur sehr wenige) tuckern auf dem see ohne irgendwelche abgasvorschriften. jeglicher abfall wird von den anwohnern umgehend in den see geschmissen oder wird bei regen hineingespült. die petflasche ist längst auch hier angekommen und schwimmt nach ihrem gebrauch noch jahre auf dem see. unter schutz steht der tanganjikasee nicht. er hat sich bis jetzt gut selber schützen können. hoffentlich kann er das noch lange.

 

 

 

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