schaumwein

Posted by michl on 28/04/2013 in motz |

üblicherweise, ja eigentlich fast überhaupt gar nie, muss ich, im dienste der informationshungrigen öffentlichkeit, für die drinks, die ich dabei, berufsbegleitend sozusagen, mir genehmige, etwas bezahlen. üblicherweise werden diese drinks vom gastgeber, veranstalter oder informant übernommen. gelegentlich verursacht diese schöne gewohnheit (oder verpflichtung, für den gastgeber) neid bei dritten, also solchen, die den vorgang beobachten. gelegentlich wird von ebensolchen dritten unterstellt, dass die presse korrumpierbar sei, also als ob die zurverfügungstellung eines drinks (manchmals auch einer schale pommes chips oder, eher selten, einer vollständigen mahlzeit) allein schon ein akt der bestechung wäre. aber meistens mag man mir diese nette geste der gastfreundlichkeit (die, nicht immer, aber immer öfter, in der tat mit der erwartung einer «wohlwollenden berichterstattung» gekoppelt ist) auch von unbeteiligter, dritter, seite gönnen.

dabei ist dieses ritual nicht immer nur ein vergnügen. unlängst ist mir das bewusst geworden. in einem kleintheater, von dessen vorstellungen ich ab und an berichte, wird mir, einer eingespielten gewohnheit folgend, stets ein glas eines elsässischen schaumweines überreicht. das problem dabei ist, dass die veranstaltungen dieses veranstalter’s nur alle paar wochen stattfinden, was bedeutet, dass der vorrat an schaumwein nicht übertrieben schnell aufgebraucht wird. zudem trinken jeweils nur wenige bis gar keine, ausser eben mir, besuchende der veranstaltungen diesen schaumwein. was schliesslich bedeutet, dass es vorkommen kann, bzw. meistens vorkommt, dass die flasche, weil noch nicht leer, halb leer in den kühlschrank zurückgestellt wird.

man kann sich vorstellen, wie schaumwein, der einen monat in einer halbleeren, geöffneten flasche im kühlschrank verbracht hat, schmeckt. selbstredend enthalte ich mich jeweils abwertender bemerkungen, trinke das glas mit dem lauen schaumwein leer, möglichst speditiv, und reiche es zum nachfüllen hin. wenn ich glück habe, hat jemand anders zwischenzeitlich die chance zum zweifelhaften vergnügen erhalten, die angebrauchte flasche leer machen zu dürfen, wenn ich wenig bis kein glück habe, bin ich selbst derselbige. manchmal also komme ich erst beim dritten glas zu einem frisch geöffneten schaumweinvergnügen. weil dann aber schluss sein muss mit dem kostenlosen saufen, weil schaumwein richtig einfährt und ich noch heimfahren muss. keinen gedanken verschwende ich vorläufig an die tatsache, dass ebendiese eben erst geöffnete flasche für ein paar wochen im kühlschrank verschwindet. was bedeutet, dass ich bei meinem nächsten besuch im dienste der informationshungrigen öffentlichkeit in diesem kleintheater wieder zuerst die angebrochene flasche lauen schaumwein’s verdrücken muss, bis ich zu einem glas frischen komme.

in diesem zusammenhang erinner ich mich an meine mir angeeigneten gewohnheiten bezüglich der flüssigversorgung im dienste der informationshungrigen öffentlichkeit. in einem kellertheater, zum beispiel, wird mir stets ein glas wunderbaren rotwein’s, das ich, aufgrund des umstand’s, dass ich immer etwas knapp dran bin, nicht leertrinken kann und demzufolge in meiner hand halte während der ersten minuten der vorstellung oder unter meine sitzgelegenheit stelle (wobei es dort, trotz etwas ungestüme vuelo, begleithund im dienste der informationshungrigen öffentlichkeit, noch nie umgefallen ist, bzw. umgestossen wurde), gereicht. bei wieder einem anderen kleinkunstveranstalter gibt’s jeweils ein glas wirklich guten, unlauen prosecco’s, bei einem weiteren krudes kaltes bier in der flasche. ja eigentlich wird mir bei den meisten veranstaltern ein krudes kaltes bier in der flasche (bzw. im fläschchen) überreicht. vielleicht sei da noch angefügt, dass es, selten, auch weisswein im angebot gibt. dessen bediene ich mich aber nie, denn noch schlimmer als lauer schaumwein schmeckt schlechter weisswein (in der tat sind die weissweine an den apéro-bar’s der kleinkunstveranstalter üblicherweise produkte zufälliger auswahl und eigentlich nicht wirklich geniessbar).

in einem weiteren anderen kleintheater wird mir stets ein tässchen espresso gereicht (in der pause, so es denn eine gibt, folgt dann ein gäschen prosecco). stets, weil üblich, mit einem dieser hochhomogenisierten rahmportionenkapsel. espresso mit rahm, schon die vorstellung weckt bilder grausamsten inhalt’s. doch die konsumgewohnheiten schweizerischer hinterwäldlerInnen, bzw. die servicegewohnheiten der hiesigen gastronomie, sind eine andere baustelle, auf die ich vielleicht mal gelegentlich detaillierter eingehen werde.

in einem club, wo vorwiegend junge leute verkehren, wird mir stets, d.h. nach dem entsprechenden auffordernd-fragenden blick nach art und menge der gwünschten konsumation, den ich üblicherweise wegen des umgebungslärm’s, schreiend beantworte, ein kleines bier gereicht. dieses ist üblicherweise viel zu kalt und ohne schaum, weil in plastikbechern verabreicht. die aufforderung zur bezahlung weise ich jeweils mit einer netten bemerkung zum grund meines besuch’s von mir (diese aufforderung ist eine folge der rotation, ev. fluktuation, aufgrund derer die information, dass gewissen leuten, die sich im dienste der informationshungrigen öffentlichkeit in der location, bzw. an der bar, aufhalten, die gewünschte menge an flüssigkeiten kostenlos zur verfügung zu stellen sei, verloren geht, des personal’s zurückzuführen). wenn ich gute laune habe, lasse ich dann den leeren becher einfach auf der theke stehen. wenn ich schlechte laune habe, bestelle ich möglichst viele biere und verschenke dann die becher an mir als mittellos erscheinende jugendliche (derer es nicht wirklich viel gibt in diesen zeiten), die dann ebendiesen für einen zweifränkler an der bar eintauschen.

mich als gutmensch fühlender fahre ich dann jeweils lange vor dem ende der veranstaltung nach hause. nicht ohne mir vorher einen freund des fisherman’s eingeworfen zu haben. als präventivmassnahme gegen trinkerfahne.

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