Moleskine Notebook

«To lose a passport was the least of one’s worries: to lose a notebook was a catastrophe.»

grippedbäg. Der dies gesagt (oder geschrieben) haben soll, hiess Bruce Chatwin. Der Mann war vieles, auch Schriftsteller, eine Reiseschriftsteller sogar, und einer, der gerne fabulierte, d.h., er auch mal schrieb, was nur in seiner Fantasie so war. In seinem Ausspruch kann ich ihm nur beipflichten. Nur, dass Chatwin mit «notebook» nicht exakt dasselbe meinte wie ich. Ich wäre ohne mein elektronisches Notebook total am Arsch, Chatwin wäre es ohne sein Notizbüchlein gewesen, denn lieber hätte er Tage und Nächte in einer Zelle verbracht, bis seine Staatsangehörigkeit (Grossbritannien) abgeklärt gewesen wäre, denn dann hätte er wenigstens schreiben können. Dieser Chatwin nannte seine Notizbücher liebevoll «Moleskines», was Maulwurfhaut (ohne «e») bedeutet.

Um ebendiese Notizbücher ranken sich Legenden, Sagen und Lügengeschichten. Die berühmtesten aller berühmten Künstler sollen sie benutzt haben, Picasso, Hemingway und eben auch Chatwin, nicht ganz so berühmt zwar, immerhin aber mit einem Bestseller im Palmares («Traumpfade») und einem Roman namens «Der Vizekönig von Ouidah», der verfilmt wurde («Cobra Verde» von und mit Werner Herzog und Klaus Kinski). In «Traumpfade» erwähnt Chatwin sein geliebtes Notizbuch «Moleskine». Die Seiten wären kariert gewesen, ein Gummiband hätte die Deckel aus Karton zusammengehalten, und die Bindung sei aus Maulwurfsfell gewesen (eben «moleskin»). Diese Notizbücher seien in Frankreich hergestellt und von einer kleinen Papeterie in der Pariser Rue de l’Ancienne Comédie verkauft worden. Doch seit 1986 hätte es keinen Buchbinder mehr gegeben, die die Kultnotizbücher herstellten, bedauerte Chatwin in seinem Roman von 1987.

Diese Papeterie in Paris hat es wohl nie gegeben. Aber irgendwelche Notizbücher von irgendwelchen Herstellern wird es auch im 19. und 20. Jahrhundert schon gegeben haben, vielleicht sogar mit Leder aus Maulwurfshäuten oder sonstwelchen Nagetieren. Chatwin können wir nicht mehr befragen, er starb, 49-jährig, 1989 an AIDS. Ebensowenig können wir in Erfahrung bringen, warum er als Engländer ein französisches «e» hinter die englische Maulwurfshaut setzte.

Tatsache ist aber, dass 1996 jemand in der kleinen Mailänder Buchbinderei Modo&Modo sein «Traumpfade» las und sogleich die Absicht fasste, dieses besondere Notizbuch herzustellen. 1998 brachte man das erste «Moleskine» auf den Markt. Es schlug ein wie eine Bombe, jede und jeder, die oder der ein wenig herumreist und dabei den Eindruck machen will, seine Reisen ernst zu nehmen, legte sich das einzigartige schwarze Notizbuch mit dem Gummiband zu. Aus Maulwurfshaut ist an dem neuen «Moleskine» zwar ebensowenig dran wie die Geschichte der Herkunft des Büchleins wahr ist. Modo&Modo spann Chatwin’s Hirngespinst über das legendäre Notizbuch der Künstler und Intellektuellen der vergangenen zwei Jahrhunderte später einfach weiter und spart sich damit jegliche Werbung für sein Produkt. Weil wenn Notizbuch, dann «Moleskine», meinen Schreiberlinge, die etwas auf sich halten (also alle). «Kladde für Kreative» schrieb die «Süddeutsche» 2010, und: «Menschen mögen Märchen. Geschichten müssen nicht immer wahr sein, wir können sie aber trotzdem schön und interessant finden.»

Moleskine Notebooks - Saharaoui

Wahr am Ganzen ist die Geschichte der Entstehung von «Mediterranea», «Tre Vulcani» und jetzt «Saharaoui» und ihren Moleskine-Outfits. Wir wollten ein Buch (in dessen Inhalt nichts erfunden ist!), das sich (auch) bequem im Reisegpäck unterbringen lässt und nach mehrmaligem Aus- und Wiedereinpacken nicht aussieht als ob es eine Kuh durchgekäut hätte. Darum das Gummiband, darum die abgerundeten Ecken, darum das Leseband, darum kein Schutzumschlag, darum die leeren Notiz-Seiten am Schluss. Damit man da Lob & Tadel reinschreiben und bei Gelegenheit auf www.facebook.com/grippedbag posten kann!