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Herz ist Trumpf


«Herz ist Trumpf!» sagte der Schwingerkönig, nachdem er mit der Moderatorin per Ablupf den Trumpf bestimmte. Der 140-Kilogramm-Mann sass beim «Donnschtixjass» im Fernsehen auf dem fünften Stuhl am Tisch, Kamera 1 direkt gegenüber. Er teilte jedem am Tisch, ausser sich selbst, drei mal drei Karten aus. Die Moderatorin sagte zum Stargast:
«Du darfst beginnen!»
«Hihihi!» kicherte der Stargast, der diesmal eine Stargästin war, nämlich die Schlagersängerin Kikki Leandros.

Gipfel fragte sich, ob ein Star mit einem solchen Namen überhaupt jassen kann. Beim Schiedsrichter wunderte er sich, wie einer mit einem solchen Namen überhaupt Schwingerkönig sein kann.
Der König hiess Urs de la Montagne. Ein Quotenaussenseiter.
Jede Fernsehsendung, ob Show, Doku, News, Serie oder Movie hatte neuerdings Quotenteilnehmende, also jemand, der oder die eine Minderheit vertritt. Treibende Kraft hinter diesen möglichst niemanden diskriminierenden Regeln waren die sogenannten «Woken», eine Bewegung, die sich vornahm, es allen recht zu machen und niemanden aufgrund seiner Andersartigkeit, seines Geschlechts bzw. seiner sexuellen Gesinnung, was nicht unbedingt das Gleiche ist, seiner Hautfarbe, seiner Herkunft, seiner Essgewohnheiten, seiner eingebildeten oder tatsächlichen Allergien, seiner Grösse oder seiner Fähigkeit, selbst zu denken, ausschliessen wollte. Und zwar in allen Gesellschaftsbereichen, so in der Kirche, in der Politik und im Militär oder in der Kunst oder eben im Fernsehen. Und die beste Möglichkeit, dies der Bevölkerung zu vermitteln, beziehungsweise zu indoktrinieren, war das Fernsehen.Beim «Donnschtixjass» erfüllte der Schiedsrichter die Rolle des Andersartigen. Der war in seinem früheren Leben Sportschwinger, und zwar König in dieser Sparte. Er vertrat also gleich zwei diversitäre Gruppen, nämlich die der eingebürgerten Ausländer und die der Schwinger (nicht Swinger, obwohl auch diese können divers sein können). Damit entledigte sich der Sender eines weiteren Problems, nämlich bei jeder Durchführung und Live-Übertragung eine oder einen AussenseiterIn zu suchen und einladen zu müssen. Der Quotenaussenseiter war so von vornherein gesetzt, es brauchte also jedes Mal nur vier einigermassen gewandte JasserInnen, wovon jeweils eine/r ein prominenter Star irgendwelcher Art sein und eine/r am Telefon weitab des Jasstischs mitspielen musste. Natürlich konnte diese/r, also musste, vor dem eingeschalteten Fernsehgerät zuhause, in der Badi, im Zuchthaus oder sonstwo die Sendung verfolgen, sonst wüsste er oder sie nicht, was gerade Trumpf war. Warum diese/r Teilnehmende noch dazu in einer Kiste in einer Gegend fernab des Spielortes eingesperrt sein musste, wusste eigentlich niemand so genau ausser der Erfinder dieses Showjasses, nachgewiesenermassen ein Mann namens Felix.
Deshalb mussten die Kameraleute unbedingt darauf achten, dass die Kartenfächer der Mitspielenden nicht zufällig ins Bild gerückt wurden und dem/der Spielenden in der Kiste dadurch ein, wenn auch sehr kleiner, Vorteil zuteil wurde. Die Sendung erhielt damit eine gewisse Steifheit, weil für die Zuschauenden immer die gleichen Einstellungen zu sehen waren. Zudem musste der Stargast, ab der eintausendsten Sendung erstmals eine Stargästin, stets den Nachteil in Kauf nehmen, das Spiel beginnen zu müssen. Auch das eine Regel, die der Spielerfinder gesetzt hatte, warum auch immer. Trotzdem war die Vorabend-Sendung beim entsprechenden Publikum äusserst beliebt und schlug bei der Quote (die der Zuschauenden, nicht die der Diversen) regelmässig sogar die der nachfolgenden Tagesschau, aber nicht die von «Meteo».
Der Star Kikki Leandros, die als eingebürgerte Zypriotin in einem gewissen Sinne auch Quotenaussenseiterin – wobei man eigentlich nicht wirklich wusste, ob sie eingebürgert war oder einfach nur schon ewig in der Schweiz lebte – war, spielte die Schaufel-Acht aus und kicherte. Ihr Nachbar zur Rechten war Chefarzt Gudio Langenegger, der sich in Gedanken fragte, warum der Star kicherte, sagte dennoch kein Wort und stach mit seiner Schaufel-Dame. Der nächste in der Runde war Gipfel, er spielte sein Rosen-As aus, weil er keine Schaufeln im Blatt hatte. Er sagte kein Wort und kicherte auch nicht. Am Telefon gab Edmund Schur, der emeritierte Psychiater, der schon über Neunzig war und wegen Problemen mit seinem Bewegungsapparat nicht ins Fernsehstudio kommen konnte, womit diesmal klar war, dass er in die Kiste musste, der sonst redseligen, leicht übergewichtigen Moderatorin, die auch nichts sagte, was sehr auffällig war, die kurze und bündige Anweisung, den Schaufel-König auszuspielen.
Damit gehörte der Stich ihm, Schur, und er überlegte kurz, welche Karte er nun ausspielen sollte. Er hatte vorhergesagt, natürlich verdeckt, denn es gehörte zu dieser Art des Jass, dass nur der Schiedsrichter zu wissen bekam, wer wieviele Punkte zu punkten gedachte, aufgrund seines starken Blatts 72 Punkte zu punkten. Er gab seinem Telefon-Gegenüber, Moderatorin Manna Frassnacht, die gut vernehmbare Anweisung, das Herz-As auszuspielen, also den dritthöchsten Trumpf.
Kikki Leandros kicherte. Warum auch immer. Dann spielte sie die Herz-Dame. Langenegger, der sich darüber aufregte, dass mit französischen Karten gespielt wurde, wo er doch ein eingefleischter Deutsch-Kartenspieler war, als Appenzeller, schmiss seinen letzten Trumpf hin, ohne jedoch seinen Ärger über die «falschen» Karten preiszugeben oder sich anmerken zu lassen, die Herz-Acht. Gipfel hatte gar keinen Trumpf und spielte seinen Eventual-Bock, den Eggen-König, in die Mitte des Tisches. Er hatte nun ein blitzsauberes Blatt in den Händen, nämlich vier niedrige Kreuze und vier Eggen, das Eggen-Banner war dabei die wert- und hierarchiehöchste Karte. Er traute sich zu, damit keinen Stich machen und hatte de la Montagne, was auf Deutsch «ab dem Berghang» heisst, bei der Ansagerunde eine «Null» auf einem dafür vorgesehenen Zettelchen zugeschoben.
Nun, da Gipfel sauber war, konnte er mit einem Grinsen im Oberbauch weiterspielen und zusehen, wem es «eins reinhaut» (Jass-Slang), wer also viel mehr Punkte punktete als er oder sie wollte oder viel weniger. Er konnte nun auch nachvollziehen, warum die Starsängerin gegenüber ihm ständig kicherte. Doch die hatte mitnichten ein sauberes Blatt, im Gegenteil, sie stach und stach und sammelte dabei Punkte, die sie bestimmt nicht sammeln wollte. Dachte Gipfel, die Sache schien für ihn gelaufen, und zwar in seinem Sinne gelaufen.
Doch es kam anders. Alle Trümpfe wurden viel zu früh ausgespielt und im drittletzten Umgang liess Schur via Manna Frassnacht zwei hohe Eggen ausspielen, womit er und Gipfel beim letzten Stich die einzigen waren, die noch Eggen hatten. Schur, der sich besser in die Psyche Anderer als seiner eigenen denken konnte, spielte die Eggen-Sechs, Gipfel fluchte in seinen Oberbauch und musste mit seiner Eggen-Sieben stechen. Ein Desaster! 21 Punkte musste er sich kumulieren lassen, das Kreuz-As und die Zehn vom Kreuz, und für den letzten Stich noch 5 zusätzliche Punkte.
«Jemand hat beschissen», rief er vor laufender Kamera. Kikki und Manna erschraken heftig und starrten mit weit aufgerissenen Augen Gipfel an. Der Schwinger mit Zweitberuf Schiedsrichter fühlte sich in seiner Kompetenz verletzt. Er katapultierte explosionsartig seine 162 Kilogramm aus seinem Stuhl nach vorne und riss mit seinem Vorbauch den Jasstisch mit, wodurch die spindeldürre Kikki aus Zypern zwischen der Lehne ihres Stuhls und der Tischkante eingeklemmt wurde. Der nur sekundenbruchteillange Schockmoment reichte, Kikki in höchsten Schrecken zu versetzen, in dessen Folge sie beide Arme in die Luft warf, wobei sich die linke Hand in ihren mehrfach um ihren Hals gewundenen Kunststoffperlenketten verfing und diese zerriss.
Nun schrie Moderatorin Frassnacht recht laut auf, nicht ob des Desasters, sondern weil ihre Seite der Tischkante an ihr Kinn schlug und sie sich damit auf ihre eigene Zunge biss, wobei sie, ihrer Beleibtheit – nicht Beliebtheit! – sei Dank, nicht vom Stuhl fiel, so wie ihrerseits Kikki Leandros gerade im Begriff war. Kikki wiederum wäre von ihrem Stuhl gefallen, wenn sie nicht von dem zufällig dort stehenden Kabelträger namens Erich, der die ganze Zeit schon ein Auge auf den Star geworfen hatte und schnell begriff, was zu tun war und somit sein Kabel fallen liess, aufgefangen worden wäre, wobei sich die Perücke des Stars deutlich sichtbar, auch für die Kamera und somit auch für die Fernsehzuschauenden, verschob.
De la Montagne alias Abdemhang achtete nicht auf das von ihm verursachte Desaster am Tisch und schrie: «Was sagst du, du Schreibheini, natürlich habe ich aufgepasst, niemand hat beschissen, du hast keine Ahnung vom richtigen Jassen!» Worauf Gipfel, der üblicherweise zum Streiten viel zu phlegmatisch war, sich von seinem Stuhl erhob und ohne Punkt und Komma Abdemhang entgegen schrie: «Du magst vielleicht ein guter Swingerkönig sein aber als Schiedsrichter bist du eine totale Fehlbesetzung und ausserdem eine Spassbremse und ich glaube du kannst gar nicht jassen dafür umso besser Sägemehl fressen!»
Gipfel lehnte sich dabei nach vorne und gab dem Tisch Widerstand, doch als der Produktionsleiter namens Eric ihn an den Schultern fasste und ihn zurückzog, schob der Herr von der Halde den Tisch aufgrund seines formidablen Gewichts in Gipfels Richtung, verlor dabei das Übergleichgewicht und fiel bäuchlings auf den Tisch. Der wiederum war zwar recht stabil, aber eben doch nur in Leichtbauweise gebaut, damit sich die Studioleute nicht überhoben, zerfiel sodann in fünf Einzelteile plus fünf Tischbeine.
Nun lagen der Schwinger, die Jasskarten, die ausgeleerten, jedoch nicht zu Bruch gegangenen Wasser- und Weingläser der Spielenden, die Plastikperlen der Sängerin Kikki Leandros, ihre Perücke, die noch intakte Brille sowie acht der zehn falschen Fingernägel der Moderatorin Manna Frassnacht sowie die Trümmer des Jasstischs auf etwa sechzehn Quadratmeter verstreut am Boden. Zusätzlich liess eine temporär beschäftige Fachkraft Gastronomie (Serviertochter) vor Schreck ein Tablett mit vier vollen Stangen zu Boden fallen. Es gab eine Sauerei, und der derzeitige Freund von Manna Frassnacht, der sich bisher im Hintergrund hielt, eilte besorgt zu seiner Liebsten und sagte voller Liebe:
«Schatz, ist dir etwas geschehen?»
Kikki, der eine falsche Wimper vom linken Augenlid hing, suchte, tränenüberströmt, auf den Knien herumrutschend nach ihrer künstlichen Haarpracht, derweil Frassnacht die Augen weit aufriss und sich mit beiden Händen ihren blutenden Unterkiefer hielt. Langenegger, der sich gerade noch früh genug von seinem Sessel erhob, schrie «hey» und rannte rund herum um das Desaster, um Frassnachts Kinn, beziehungsweise Zunge zu untersuchen. Der Schwingerkönig lag bäuchlings auf den sperrhölzernen Bestandteilen des Jasstischs und fluchte ebenso wie Eric, der quasi der Chef im Raum war und trotzdem einen ziemlich hilflosen Eindruck machte.
Mindestens ein Kind im Publikum begann nun zu weinen, beziehungsweise zu schreien, eine ältere Zuschauerin fiel in Ohnmacht, kurz vorher krächzte sie noch: «Mein Gott Manna!» Der eine der beiden Kameramänner, der in relativer Distanz zum Tisch operierte, zog nun nacheinander beide fahrbaren Kameras zurück und brachte sich dann selbst in Sicherheit. Erich, der zweite Kameramann, homosexuell und sozusagen auch Quotendiverser, kümmerte sich sehr liebevoll um Kikki Leandros, die ohne Perücke wahrlich keinen besonders adretten Eindruck machte, und half ihr auf die Beine. Der Sendeleiter im sicheren Produktionsraum drückte eiligst ein paar Knöpfe und liess Sekunden später die Info «Sendestörung – wir arbeiten am Problem» auf den Bildschirmen der Zuschauenden zuhause erscheinen. Den Zuschauenden in der Gaststube des «Alpenblicks» im schaffhausischen Ramsen, von wo der «Donnschtixjass» jeweils live gesendet wurde, blieb grösstenteils der Schreck im Hals stecken, worauf sie vorerst gar nichts mehr von sich gaben und erst am darauffolgenden Mittwoch zaghaft begannen, Leserbriefe des Bedauerns ob Frassnachts gespaltener Zunge sowie besten Wünschen zu Kikkis baldiger Genesung an das TV zu schreiben.


Popeye (der mit dem Spinat)

MELLIEHA. Gestern war der Höhepunkt meiner Movie-Spot-Tour durch Gozo. Dazu musste ich jedoch über den «Channel» hüpfen. Denn Popeye wartet nicht auf Gozo, sondern auf Malta. Also rüber mit der Gozo-Channel-Ferry. Das Besondere bei dieser Fähre ist, dass man erst beim Zurückfahren bezahlen muss. Das heisst, wenn man nach Gozo fährt, bezahlt man erst mal nichts, wenn man dann zurück fährt, zu Fuss oder mit dem Auto, bezahlt man. Es gibt keinen anderen Weg von und nach Gozo (ausser man schwämme), darum kann die Fährenbetreiberin das so machen. Ist auch sehr effizient, es halbiert die Warteschlangen.

Also rüber nach Malta. Die Fähre fährt gleich vor meiner Haustür. Ins Popeye-Village fährt Bus No. 101. Nach 20 Minuten bin ich da. Es ist schon recht heiss und man muss vor dem Tickethäuschen warten, weil da Covid-bedingt nur 4 Personen gleichzeitig drin sein dürfen. Wie das so ist vor Schaltern, schaffen es die kompliziertesten Leute immer als erste davor zu stehen. 15 Minuten stehe ich in der Hitze des Tages, die hinter mir noch länger. 15 weitere Minuten reichen mir dann, um mir das kleine Film-Dorf anzusehen.

Popeye Village – eigentlich «Sweethaven Village» – wurde 1979 für den Musical-Film «Popeye» als Kulisse aufgestellt. Den Seemann mit dem harten Schlag spielte Robin Williams selig, seine Partnerin war Shelley Duvall (die Hysterische aus «The Shining»). Regisseur war Robert Altman. Das lustige, schiefe und scheinbar demnächst in sich zusammenfallende Dörfchen wurde nach dem Dreh stehengelassen und zum Freizeitpark ausgebaut. Diverse Kurz-Shows spielen sich da ab, es gibt eine Beiz, ein Kino, diverse Souvenirshops (wobei man sich fragen kann, ob man ausgerechnet Modeschmuck anbieten muss) und man kann auch im Meer baden. Wenn man allerdings nur das tut, ist der Eintritt von 18€ zu teuer. Den hätte ich mir auch sparen können, denn es gibt einen Weg um das Dörfchen, von wo man alles sieht und auch bestens fotografieren kann. Vielleicht hätte ich mich nicht in die Warteschlange drängeln sollen und mich besser erst mal umgesehen.

Bild: Popeye (immer mit Pfeife im Mund) ist vorübergehend ausser Gefecht, derweil sich Kapitän Bluto seine Geliebte Olive Oyl schnappt. Aber Popeye erholt sich und………

Ix-Xini

Ix-Xini mit Brad (und Angelina)

IX-XINI. Wie ich schon zu Beginn dieser Reise hier erwähnt habe, haben auch Brad und Angelina schon auf Malta gedreht. Genauer gesagt, auf Gozo. Noch genauer: Ix-Xini. Eine malerische kleine Bucht im Süden der Insel. Zu Fuss kann ich die Bucht von meinem Hotel in einer Stunde erreichen. Mit dem Taxi in zehn Minuten. Aber das macht ja keinen Spass, denn der Spaziergang entlang der Küste ist ein Erlebnis. Das Taxi kann man sich für den Rückweg aufheben, wenn man dafür nicht den selben Weg nehmen möchte. Es gibt nur zwei Wege nach Ix-Xini, der zweite dauert zu Fuss min. 2 Stunden bis zur nächsten Bushaltestelle. Also, man könnte, wenn man wollte, mit dem Taxi zurückfahren. Doch die Taxifahrer wissen, dass man nicht allzu viele Möglichkeiten hat, von da wieder wegzukommen, also schalten sie die Uhr aus und verlangen einen horrenden Preis, der auch nach dem Herunterhandeln noch zu hoch ist. Aber was soll’s, es sind Covid-Zeiten, da muss jeder irgendwie für sich schauen.

Ix-Xini (über die Pronomen ix, i, ta, tas, tal, har, hal bin ich mir immer noch nicht im klaren) ist in den letzten Jahren, wo die Strasse dahin ausgebaut wurde und/oder jeder Malteser ein Boot besitzt, zur beliebten Badebucht geworden. Im Winter ist kein Mensch da, im Sommer alle. Also muss man im Winter hin, auch auf die Gefahr hin, dass die kleine Beiz am einen Ende der 400 Meter langen, nur 20 Meter breiten Bucht offen hat. Letztes Jahr war ich im März da, niemand gebadet, aber die Beiz war offen und es waren auch ein paar Leute da. Der Spaziergang dahin fordert Tribut, auch im Winter bei unbedecktem Himmel. Tribut heisst Bier (Cisk) und natürlich Geld. Leider hatte ich zuwenig im Sack, selbst für ein Bier zuwenig, wo man doch überall alles auch mit der Credit Card bekommt. Die Beizerin in der Beiz von Ix-Xini akzeptiert aber keine Kreditkarten. Kein Cisk also. Und auch kein Taxi. Also zu Fuss zurück. Aber nicht auf dem selben Weg. Ich gehe keine selben Wege zurück, nie. Also zurück auf der Strasse, die einen richtig weiten Bogen macht bis Xewkija. 2 Stunden zu Fuss in the heat of the winter. Dort gibt es bei der San Gwann Battista (Kirche), wo gerade beerdigt wurde, die Home Base des Xewkija Tigers Football Club (Bar), wo es Bier gegen Mastercard gab.

Und ja, worauf ich eigentlich hinauswollte: In der Bucht Ix-Xini haben Brad und Angelina 2015 den Film «By the Sea» gedreht. Da gabs dann fast den ganzen Sommer auch kein Bier in der Bar. Die Filmcrew nahm gleich den ganzen kleinen Strand mit zwei Häuschen in Beschlag und baute alles um. Brad und Angie spielten ein Ehedrama. Wohl in unweiser Voraussicht (es war ihr letzter gemeinsamer Film). Der Film hatte zwar ein Happy Ende wurde aber trotzdem ein Flop. Der eine oder die andere Tourist/in, der das weiss, besucht die Bucht (mit dem Leihwagen, denn zu Fuss gehen da wirklich nur Spinner hin) und kauft sich ein Souvenir im Kiosk. Ich war vorgestern (Sonntag, ich Depp, die Bucht war komplett mit Badenden belegt) da. Diesmal hatte ich Bargeld dabei, für 2 Flaschen Wasser (33cl) und 1 Glace namens Nuii. Ich ging wieder nicht den selben Weg zurück, sondern nahm eine «Abkürzung» durch dürre Stoppelfelder. In the heat of the summer.

Nicky Farrugia

MARSALFORN. Dieser Handlauf ist der berühmteste in ganz Malta. An ihm hielt sich am 28. Juli 1985 Nicky Farrugia, damals 25, fest, nachdem er von Sizilien herübergeschwommen war und exakt hier aus dem Wasser stieg. Und zwar als erster Mensch. 87 Kilometer in 30 Stunden und 17 Minuten. Weltrekord! Von Ragusa nach Marsalforn. Damit ihn die Haie nicht frassen, schwamm Farrugia in einem Metallkäfig, der von einem Schiff gezogen wurde. So verlor er auch nicht die Orientierung.

Vier Jahre später schwamm der Kerl auch durch den Ärmelkanal (in 12 Stunden und 40 Minuten). Dann wurde er Landesmeister im Triathlon und Duathlon. Und er wurde in der Hall of Fame des Malta Olympic Committee aufgenommen, was nicht allzu viele Sportler auf Malta geschafft haben.

Nicht nachvollziehbar ist, ob der Handlauf extra für Nicky Farrugias Anlandung aufgestellt wurde. Denn etwas anderem dient er eigentlich nicht. Kein Mensch geht hier baden. Der Sandstein ist hier ziemlich scharf und schnittig und die Wellen branden selbst in ruhigen Tagen recht wild an die Felsen. Farrugias Rekordschwumm kam dieser Tage auf Malta wieder ins Gerede. Denn am 26. Juni 2020 schwamm der frühere Olymionike und Umweltaktivist Neil Agius die Strecke von Sizilien nach Malta in 28 Stunden, 7 Minuten und 27 Sekunden, ohne Käfig. Aber eben, von Sizilien nach Malta. Farrugia schwamm von Sizilien nach Gozo. So sind also beide Erstbeschwimmer der Strecke von Italien nach Malta.

Azure Window Game of Thrones

The Azure Window

Azure Window Game of Thrones

SAN LAWRENZ. Das «blaue Fenster» war schon bei so manchem Filmdreh dabei. Zum Beispiel 1981 bei «Clash of the Titans» wurde es prominent ins Sichtfeld der Kamera gerückt. Oder 2010 bei der ersten Staffel in «Game of Thrones» bei der Hochzeit von Dothraki (Bild). Auch war der 28 Meter hohe Naturbogen für Maltas Tourismus eine Sehenswürdigkeit, die jedes Jahr Hundertausende Touris anzog. Das blaue Fenster war nach der blauen Lagune (siehe gestrigen Blogpost) wohl das zweitmeist fotografierte Motiv zumindest bei Sonnenuntergang. Nur leider eben war es.

Im März 2017 riss ein veritabler Sturm das Fenster ein. Eine Katastrophe. Ganz Malta weinte, mindestens aber die Einwohnenden der Insel Gozo, in dessen Nordwesten das blaue Fenster seit, man schätzt dem 19. Jh., offen stand. Warum sollte man jetzt noch nach dem Örtchen San Lawrenz pilgern, jetzt wo es da durch das Fenster nichts mehr zu sehen gibt.

Zu sehen gibt es tatsächlich nicht mehr viel. Dafür aber zu schnorcheln. Ganz in der Nähe gibt es ein kleines Inland-Meer, ein Seelein, das durch einen natürlichen Tunnel gespeist wird. Der Tunnel ist sozusagen auch ein Fenster. Mit einem Boot kann man sich durch das Fenster schippern lassen oder man kann den Tunnel durchtauchen. Was noch fast erfahrungsreicher ist als der blosse Anblick des Azure Window. Die Unterwasserwelt sei imposant, liest man in Berichten von Tauchern. Durchs blaue Fenster aber wagte es niemand zu schippern oder zu tauchen. Es war ganz einfach zu wild da draussen im Meer, auch zu unstürmischen Zeiten.

Xlendy Bay

St Mary’s Tower

COMINO. Der Turm zur Heiligen Maria steht seit 1618 auf dem Inselchen Comino, das wiederum eingezwängt zwschen Gozo und Malta liegt. Der St Mary’s Tower und zahlreiche weitere auf Malta und Gozo wurden einst gebaut, um über das Meer angreifende Armaden früh genug zu erspähen. Jeder Turm steht jeweils mit zwei weiteren in Sichtverbindung und die Feindesmeldungen wurden nachts mit Licht und tagsüber mit Fahnen kommuniziert.

Nun ist dieser Heiligenturm (jeder dieser Wachttürme hat einen Namen) an sich nichts besonders Erwähnenswertes oder gar Besuchenswertes, er ist eh geschlossen und es gibt auf Comino eigentlich auch nichts weiter Sehenswertes, nicht einmal eine Beiz (darum auch keine Nahaufnahme). Geführte Touristen sehen sich aber gerne vor der Insel in der «Blue Lagoon» um, eine seichte Stelle, die durch den gelben Sandsteingrund in einem wunderschönen Blau schimmert. Wahrscheinlich ist dieses Blau das meistfotografierte Blau der Welt seit es Handys mit Kamera gibt.

Doch dieser Tower hat dann und wann schon eine Rolle in diversen Filmen gespielt. Zuletzt auch im 2002 neu verfilmten «The Count of Monte Cristo» (nachdem die Story seit 1908 bereits ca. 30x verfilmt wurde). Der Tower spielte die Rolle des Chateau d’If, wo ja der Graf, bevor er Graf wurde und noch Edmond Dantès hiess, zwanzig Jahre eingesperrt war. Der Film mit Jim Caviezel als Hauptdarsteller hat nur 35 Mio $ gekostet wurde aber zum Flop, trotz oder wegen des berühmten Caviezel (dessen Vorfahren im Übrigen aus dem Bündnerland stammen). Aber wir haben ja noch den Grafen von Monte Christo mit einem berühmten Franzosen in der Hauptrolle (als vierteilige TV-Serie) und ausserdem könnten wir ja die Geschichte im Buch von Alexandre Dumas (dem Älteren) nachlesen (Le Comte de Monte-Cristo (ISBN 978-3-423-13955-7).

St Marys Tower Comino
Xlendy Bay

Xlendy Bay

XLENDY BAY. In der Bucht von Xlendi auf der Insel Gozo wurden 2002 diverse Unter- und Überwasserszenen des Films «Die Liga der aussergewöhnlichen Gentlemen» gedreht. Exakt hier entstieg Allan Quatermain (Sean Connery) seiner Kommandostation im U-Boot «Nautilus». Quatermain hatte ja, wie man weiss, drei Tage Zeit, einen drohenden globalen Konflikt abzuwenden, gar einen Weltkrieg zu verhindern, indem er und seine sechs aussergewöhnlichen Gentlemen das «Phantom» zu fassen kriegen und eliminieren.

Xlendi wurde einem Drehort in Südafrika vorgezogen, weil es näher lag und demzufolge billiger war. Eben hatte die Produktionsfirma im Jahrhundertunwetter in den ELA-Studios in Prag Requisiten von mehr als 7 Mio $ verloren. Die Dreharbeiten verzögerten sich, aber der Drehplan musst unbedingt eingehalten werden. In Xlendi standen die Crew und die Schauspieler ziemlich unter Zeitdruck und es kam des öfteren zu Streit zwischen Connery und dem Regisseur Stephen Norrington. Connery hat nach diesen Dreharbeiten den Bettel hingeworfen und nie mehr einen Film gedreht. Wahrscheinlich aber nicht nur aus Ärger, sonder wohl eher wegen seines fortgeschrittenen Alters. Er war da bereits 72.

Norrington hat danach auch nie mehr einen Film gedreht, nicht wegen seines Alters, sondern weil er ab da definitiv als schwieriger Regisseur galt. Der Film, so meinen Filmexperten, floppte, weil er «nur» 175 Mio $ einspielte, also gut das Doppelte der Produktionskosten von 78 Mio $. Trotzdem steht «Die Liga der aussergewöhnlichen Gentlemen» auf Platz 27 der finanziell erfolgreichsten Filme der Welt.

Anmerkung zum Bild: Der kleine Mast in der Mitte ist nicht das Seerohr der Nautilus, sondern ein Signal für den dortigen Felsen knapp unter Wasser.

Xlendy Bay

Mgarr ix-Xini

MGARR IX-XINI. Der Film «By the sea» mit Angelina Jolie Pitt und Brad Pitt wurde 2015 in der Bucht Mgarr ix-Xini auf Gozo gedreht. «Uns stand diese wunderschöne Bucht zur Verfügung», erinnert sich Brad Pitt, «die laut Drehbuch eine Bucht bei Marseille in Frankreich sein soll.» Neun Wochen dauerten die Dreharbeiten. Neun Wochen auf der wunderschönen Insel Gozo – ich wäre gscheiter Schauspieler geworden.

Aber: Nichts an diesem Foto ist wahr, nichts ist in Wirklichkeit so in dieser Bucht. Nur der Blick auf das schmale Stück Meer zwischen den Klippen links und rechts ist tatsächlich und der Brad ist auch echt. Der Rest ist Staffage für den Film: der Raum, die Terrasse, das Geländer, die Bäume und Stauden sowie das ganze Gebäude im Hintergrund (das im Film ein Hotel darstellt) sind nur Fassade.

Die Bucht heisst «Mgarr ix-Xini» und ist, seit ich sie im letzten Jahr entdeckt habe, mein zweiter Lieblingsplatz auf Gozo. Was mein absoluter Lieblingsplatz ist und wie es in der Bucht ix-Xini wirklich aussieht, erzähle ich Euch in den kommenden Tagen. Ich fliege morgen 11h25 ab ZRH nach Malta und fahre dann rüber nach Gozo. Jeden Tag gibtz einen Post auf dieser Seite!

Bagaglio perduto a Brindisi

FIUMICINO. Und dann stehe ich in Rom ohne Koffer da. Toll. Ich muss mir im Mercure Fiumicino eine Zahnbürste geben lassen. Am Morgen danach frage ich mich, wie ich meine Haare kämmen soll – keine Haarbürste zur Hand, der Behelfskamm aus dem Hygienenotfallset des Hotels ist völlig unbrauchbar. Wie ich riechen soll – kein Deo im Gepäck. Welches Gepäck?

Mein Koffer ist in Brindisi vergessen gegangen. Wegen der ENAC. Diese ENAC hat während meiner Reise durch Apulien eine neue Vorschrift herausgegeben: kein Handgepäck mehr in der Kabine! Jegliches Gepäck, ausser Handtasche oder Day Pack muss ab sofort eingecheckt werden. Nur sagt einem das niemand, wenn man elektronisch eincheckt. Wenn man, also ich, z’Brindisi am Gate steht und einsteigen will, nehmen sie einem das Kabinengepäck weg. Niemand aber sagt dir warum. Nur: ENAC!

Ob ich mein Köfferli dann in Rom auch wieder gleich beim Aussteigen zurückbekomme, frage ich (was sonst eigentlich üblich ist wenn sie einem das Gepäck aus Platzgründen wegnehmen). Nein, sagt sie: «Gepäckausgabe!» Ok, sage ich, mürrisch, warum sie einem das nicht vorher sagen, ergänze ich, mürrisch. Beim Gepäckausgabeband in Fiumicini stehe ich natürlich nach einer Dreiviertelstunde immer noch da. Alleine natürlich, denn Pech habe nur ich. Ich melde die Sache beim Lost&Found, da finden sie natürlich mein Köfferli nicht, weil es gar nie eingecheckt wurde. Und vermutlich immer noch einsam und verloren am Gate in Brindisi steht.

24 Stunden später fährt ein Kurier von Kloten nach Degersheim und stellt mir meinen verlorenen Koffer vor die Haustüre. Mit Zahn- und Haarbürste. Und ein paar Unterhosen (gebraucht).

Anmerkung: Die ENAC – Ente Nazionale per l’Aviazione Civile – ist die italiensiche Zivilluftfahrtbehörde. Sie hat die neue Anweisung erlassen, damit das Ein- und Aussteigen schneller erfolgt. Pax stehen sich weniger nahe (und sich auf den Füssen), es soll die Virenübertragung vermindern. Tatsächlich geht das Ein- und Aussteigen nun speditiver vor sich. Sofern die Leute schön brav sitzenbleiben und erst aufstehen wenn ihre Reihe aufgerufen wird. Bei den ItalienerInnen funktioniert es sehr gut, bei den SchweizerInnen wahrscheinlich eher nicht (darum führt man es bei der Swiss nicht ein). https://www.airliners.de/italien-handgepaeck/56193

Bild: Perduto a Brindisi – ritrovato a Degersheim: Il mio bagaglio.

Hemden nur mit Maske

POZZUOLI. «Indossare la mascherina», sagt der Verkäufer. Ich solle die Maske anziehen, nicht wegen ihm, meint der Mann, aber falls die Kontrolle auftauche. In Italien muss man derzeit in geschlossenen Räumen die Maske im Gesicht haben. So will es der Staat, der mit der Corona-Epidemie schwer geprüft worden ist, und jetzt natürlich unbedingt verhindern will, dass das Ganze nochmal beginnt.

Doch praktisch trägt in Süditalien eher die Minderheit eine Maske. Manche tragen sie am Ellenbogen, falls, andere haben sie am Hals hängen, bereit, sie sofort hochzuziehen, falls. Doch viele tragen sie nicht bei sich, oder vielleicht im Hosensack, jedenfalls tragen sie keine im Gesicht. Zu diesen gehöre auch ich. In den ersten drei Tagen muss ich dann und wann nochmals die Treppe hoch, um in meinem Zimmer die vergessene Maske zu holen. Am vierten Tag klappt es dann, ich habe sie bei mir, im Hosensack.

Nun ermahnt mich der Mann, Hemdenverkäufer, freundlich, die Maske zu tragen. Ich gehorche, denn ich will etwas von ihm, nämlich Hemden. Hier in Italien sind Hemden, Kleider und Schuhe billig. Und der Mann hat in seinem winzigen Laden exakt die Art von Hemden, die ich mag: bunt bedruckt, triple-XL, regular fit. Und er hat Ausverkauf. Ich wähle drei Hemden aus und handle den Preis für alle auf 80€ herunter. Doch das Bezahlen mit der Amex klappt nicht, sein Kartengerätchen stürzt ab und erholt sich nicht mehr. Der Mann nennt mir den nächsten Bancomaten, gleich neben der Gelateria, ca. 50 Meter Gehdistanz. Doch der Bancomat reagiert mit völlig behämmerten Fehlermeldungen und spuckt meine Karte wieder aus.

Ich gehe ins Geschäft zurück. Der Mann weiss keinen anderen Bancomaten. Er sieht vor dem Schaufenster einen Bekannten, fragt ihn nach einem Geldspender. Der meint, vorne links, dann hoch, 50 Meter, noch eine Treppe, die Bank CREDIM. Ich gehe hoch, schiebe meine Karte ins Gerät, diesmal die EC, es klappt, die Maschine spuckt 100€ und die Karte wieder aus. Ich gehe ins Geschäft zurück, der Mann bückt sich immer noch über sein Kartenlesegerätchen und flucht. Es druckt nun meterlang Unverständliches auf das Papierband. Er entschuldigt sich für die Umstände bei mir – ich sage, es ist ok, ich habe ja die Hemden, und drücke ihm 80€ in die Hand. Ich verlasse das Geschäft, denkend, wie einfach es jetzt eigentlich wäre, ein Geschäft zu überfallen. Ich würde, mit der Maske im Gesicht, nicht wirklich auffallen. Nur, wie sage ich es den Leuten, wenn ich sie überfallen möchte: «Das isch en Übefall!» Wie sage ich das auf Italienisch?

Ein Schnäppchen – tre camicie per 80€!